Deus-Homo


Ein Versuch zur Christologie bei

Johann Amos Comenius

und ihrer Bedeutung in seinem Denken

Akzessarbeit im Fach Systematik, Dogmen- und Theologiegeschichte bei

Prof.Dr.theol. Emidio Campi

Oberwinterthur, 3.10.95

[Placed on the Net: 20.10.96 &emdash; Last update: 25.10.96]

Vorwort


Segne meine Arbeit jetzt,

dass sie wohlgelinge,

dass ich das, was nützt und baut,

lehrt und hilft, vollbringe.

Johann Amos Comenius

Jsme naród Komenského.

T.G. Masaryk


Die vorliegende Arbeit zur Christologie von Jan Amos Comenius hat einen Zeitraum von rund zwei Jahren in Anspruch genommen. Gründe dafür gibt es viele. Einer ist sicher die zwar faszinierende, aber durch ihre Fülle und Breite abschreckende Materie in der Person von Comenius selbst. Er, der Zeit seines Lebens an keinem Ort richtig heimisch wurde, hat mit seiner Arbeit ein Werk geschaffen, das den Vergleich mit keinem Universalgelehrten scheuen muss. Dabei verhält es sich trotz der unüberblickbaren Fülle von Literatur über Comenius mit seinem Werk wie mit einer Kugel, deren ganze Fläche nie gleichzeitig betrachtet werden kann. Zu Anfang der Arbeit am Werk des grossen mährischen Theologen ging es mir wie ihm selbst, der einst dem Trinitätsgegner Daniel Zwicker zurief: Hem, ehem, quid tecum agam?

Es ist begreifbar, wenn auch trotzdem erstaunlich, dass die Theologie Komenskýs in dieser grossen Menge an Literatur ein schwarzer und nur wenig erforschter Fleck geblieben ist. Erstaunlich ist das darum, weil sich Comenius immer als Theologe gefühlt und bezeichnet hatte. Erst in neuerer Zeit fanden Unternehmen statt, diesem Missstand abzuhelfen. Dabei zeigt sich die Macht der eingeführten Bilder. Denn das Bild, das die nachfolgende Generation von Comenius entwarf und das ihn als einen Vorläufer der pietistischen Erneuerung zeichnete, ist bis in unser Jahrzehnt erhalten geblieben. Darum ist der erste Teil der Arbeit der Frage gewidmet, inwiefern man dieses Bild anhand des Verständnisses von Theorie und Praxis im allgemeinen und der theologischen Praxis im speziellen hinterfragen und allenfalls korrigieren müsste.

Die Arbeit ist im Titel bewusst als Versuch beschrieben. Ein Versuch darum, weil mir im Verlauf der Beschäftigung weit mehr Fragen gekommen sind, als dass überhaupt beantwortet werden konnten. Ein Versuch auch, weil ich aus zeitlichen und räumlichen Gründen v.a. im Umgang mit den Gegnern von Comenius zu Vereinfachungen genötigt war, die eigentlich in einer historischen Arbeit unzulässig wären. Aber auch darum, weil ein Ziel der Arbeit gewesen ist, die Untersuchung an einem historischen Gegenstand, der Theologie Jan Amos Komenskýs, als theologische Arbeit zu treiben. Das Attribut theologisch sollte also nicht nur dem Objekt zugesprochen werden, sondern es sollte, wenn immer möglich, im aristotelischen Sinne des Objekts der Arbeit selbst zugrunde liegen. Kirchengeschichte soll der Theologie der Gegenwart verpflichtet sein. Als solche muss sie nicht nur die historische Verkündigung mit allen Mitteln der historischen Wissenschaft erörtern, sondern sie hat die Aufgabe, diese Verkündigung mit der gegenwärtigen zu kontextualisieren. Tut sie das nicht, so verkommt sie zu einer allenfalls apologetisch-evangelisierenden Rede. Die Geschichte der Kirche ist keine antiquarische Tätigkeit, so gross die Leidenschaft für die Antiquität auch sein mag. Sie muss ein notwendig hermeneutisches Unternehmen sein und der theologischen Auslegung unserer Wirklichkeit dienen. Das Ge-Wesene ist in die Pflicht zu nehmen als dasjenige, das unsere Gegenwart bestimmt. Ob diese Arbeit das in Ansätzen leisten kann, muss dem Leser zur kritischen Beurteilung überlassen werden.

Ich bin mir bewusst, dass die vorliegende Arbeit gewisse apologetische Züge nicht verbergen kann. Diese sollen aber nicht dogmatistisch verstanden sein. Sie sind vielmehr aus der intensiven Beschäftigung mit Comenius erwachsen und eine Form von Ehrfurcht. So drückt das Zitat von T. G. Masaryk den Sachverhalt am besten aus: "Wir sind ein Volk Komenskýs" schrieb er einst. Der Begriff "Volk" hat immer auch die Bedeutung einer Schicksalsgemeinschaft und zu einer solchen -wenn auch im übertragenen Sinne- fühlte ich mich mit Comenius durchaus verbunden.

Inhaltsverzeichnis


  • VORTWORT 1
  • INHALTSVERZEICHNIS 3
  • 0 Einleitung 51 Zum Verständnis von Comenius 61.1 Zum Umgang mit Comenius. Versuch einer wissenschaftshistorischen Einordnung 61.1.1 Die Unterscheidung von Theorie und Praxis 71.1.1.1 Das historische Bedingtsein von Theorie und Praxis. Ein philosophiehistorischer Exkurs 81.1.1.2 Ansätze zu einer Theorie der Praxis 161.1.1.3 Das theologische Praxisverständnis. Ein theologiegeschichtlich-systematischer Exkurs 201.1.2 Theologische Praxis bei Johann Amos Comenius. 341.2 Zusammenfassung und Vorbestimmung von Komenskys theologischem Denken 472 Die Christologie von Johan Amos Comenius 512.1 De persona Christi 542.1.1 Christus secunda persona trinitatis 542.1.2 Duae naturae in una persona 582.1.3 Die Einigung der Naturen und die Lehre von der Communicatio idiomatum 632.1.3.1 Unio naturarum 632.1.3.2 Communcatio utrarumque naturarum 662.1.3.2.1 Communicatio gratiarum sive charismatum in naturam 662.1.3.2.2 Communicatio idiomatum sive proprietatum utriusque naturae 682.1.3.2.3 Communicatio operationum sive apotelesmatum 712.2 Christus mediator et de triplice munere eius 742.2.1 Christus mediator 742.2.2 De prophetico Christi munere 782.2.3 De munere Christi sacerdotale 792.2.4 De regio Christi munere 832.3 De Christi statu exinanitionis et exaltationis 863 Comenius und Balduin: Zwei Streiter wider die Ketzer 904 Zusammenfassung 935 Appendices 955.1 Appendix A: Brief von Johann Amos Comenius an Johann Jakob Breitinger vom 5. Mai 1633 955.2 Appendix B: Literaturverzeichnis 985.2.1 Ältere Literatur 985.2.2 Neuere Literatur 102

    Einleitung


    Die Untersuchung zur Christologie bei Jan Amos Comenius gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil geht es um das Problem des Verständnisses von Comenius. Die gängige These, ihn als einen Vorläufer des Pietismus zu verstehen und dies mit der Betonung auf den Praxischarakter seiner Theologie zu belegen, haben wir an Hand eines Überblicks über das Verständnis von Theorie und Praxis im allgemeinen und innerhalb der Theologie im besonderen zu widerlegen oder aber wenigstens in Frage zu stellen versucht. Wir haben dazu in erster Linie zwei Spätwerke Komenskýs benutzt, Unum necessarium aus dem Jahre 1668 und das sogenannte Lexikon pansophicum, eine Art kommentiertes Inhalts- und Begriffsverzeichnis zur Consultatio catholica, Comenius' Konzept einer "Universalwissenschaft zur Verbesserung aller Dinge".

    Der zweite Teil befasst sich im engeren Rahmen mit der comenianischen Christologie. Der Untersuchung wurden die antisozinianischen Schriften in der Edition von Erwin Schadel zugrunde gelegt. Dabei haben wir die Schriften hinsichtlich ihres Gehaltes an traditionellen theologischen Sätzen zur Christologie zu kommentieren versucht und daraus ein vorläufiges Bild der Christologie von Jan Amos Comenius skizziert. Es ist wichtig zu bekräftigen, dass dieses Bild eine vorläufige Skizze ist, denn zum einen kann durch die beschränkte Auswahl an Schriften kein Anspruch auf eine vollständige Darstellung der christologischen Gedanken geltend gemacht werden. Zum andern müsste die Fragestellung selbst ausgeweitet und der Blick letztlich auf die gesamte Theologie gerichtet werden.

    Die Vermutung und die Idee, die unser Vorgehen leitete, war diejenige, zu untersuchen und zu überprüfen, inwieweit uns in der Gestalt des mährischen Theologen ein Vertreter der reformiert-calvinistischen Tradition Ausgangs des 17. Jhdts. begegnete. Dazu haben wir im ersten Teil explizit auch den grossen Lehrer von Johan Amos Comenius in Herborn, Johann Heinrich Alsted miteinbezogen und im zweiten Teil theologische Begriffe und Formulierungen im Werk Komenskýs aus der reformierten Orthodoxie an Hand von Kompendien und Lehrschriften (hierbei v.a. die Medulla theologica von Wilhelm Amesius) zu belegen versucht.

    Ein abschliessendes Wort zur Zitation: Wir haben grundsätzlich nach den amerikanischen Zitationsregeln auf die Literatur verwiesen. Eine Ausnahme bilden die erstmalige Verwendung eines Titels, wo in der Regel alle bibliographischen Hinweise angeführt wurden. Bei der älteren Literatur wurden nach dem erstmaligen Verweis Kurztitel verwendet. Diese sind jedoch so gewählt. dass sich an Hand der Literaturliste keine Verwechslungen ergeben können.

    Zum Verständnis von Comenius


    ”Plänkeln wir lieber erst ein bisschen, bevor wir in die Schlacht ziehen.”

    Der Ältere

    Alfred Döblin,

    Der Unsterbliche Mensch

    Zum Umgang mit Comenius. Versuch einer wissenschaftshistorischen Einordnung

    Zu Beginn meiner Untersuchung über die in den antisozinianischen Schriften sich findenden christologischen Aussagen von Comenius möchte ich hier einige Gedanken über den Umgang mit dem comenianischen Werk formulieren. Diese Überlegungen haben insofern methodischen Charakter, als sie mein Herantreten an das Werk und die Person von Johann Amos Comenius erläutern sollen.

    Die Literatur und die Forschung über Comenius ist in merkwürdige Fraktionen gespalten. Auf der einen Seite findet sich die grosse Forschergruppe, die über das comenianische Pädagogikwerk und seine historischen Dimensionen bearbeitet. Auf der anderen Seite erweisen Comenius in letzter Zeit triadische Forschungsansätze die Ehre, namentlich in gewissen philosophischen und theologischen Kreisen, die durch Wiederbelebung triadischer Gedankengänge gewisse Probleme der Moderne und Postmoderne beheben wollen. Die eigentliche historische und theologiegeschichtliche Arbeit an Comenius und an seinem Werk beansprucht dagegen erstaunlich wenige Seiten, und das bei einer Quellenlage, die bis auf das Briefkorpus als äusserst erfreulich zu bezeichnen ist.

    Die Unterscheidung von Theorie und Praxis

    Versucht man die Literatur über Comenius zu überblicken (soweit es im Rahmen einer solchen Arbeit überhaupt möglich ist), so fallen einem nicht nur die sachlich verschiedenen Fraktionen unter den Comeniologen auf, sondern auch methodisch unterschiedliche Zugangsweisen. Unter diesen muss im folgenden die Unterscheidung von Theorie und Praxis genauer beleuchtet werden. Es wird in der Literatur gemeinhin betont, Comenius sei ein durch und durch praktischer Mensch gewesen, sowohl als Theologe als auch in seinen bis anhin bevorzugten Wirkungsgebieten der Pädagogik und Philosophie. Nicht selten wird aus diesem Urteil dann gefolgert, in der Gestalt von Jan Amos Comenius sei ein typischer Vorläufer des Pietismus erschienen. Es scheint mir nun aber, dass diese Bezeichnung einige Probleme aufwirft. Mit was für einem Theorie-Praxis-Verständnis wird dabei Comenius beurteilt? Findet dabei allenfalls eine Rückprojektion eines neueren Begriffsverständnis statt?

    Das Problem ist natürlich dasjenige einer jeden historischen Hermeneutik, nämlich das Verbinden von Epocheneinteilungen, Klassifizierungen und Systematisierungen mit einzelnen Individuen, mit Namen. Dabei sind nicht so sehr die Konzeptionen der Klassen problematisch, sondern vielmehr die Plausibilisierungsverusche solcher Modelle anhand von historischen Figuren. Was an einem konkreten historischen Menschen Identität stiftet, die Verknüpfung von Geschichte und Namen, fällt bei Klassifizierungen jeder Art weg.

    Das historische Bedingtsein von Theorie und Praxis. Ein philosophiehistorischer Exkurs

    Ich werde im folgenden Exkurs in erster Linie die Bedeutung der Praxis zu klären versuchen. Denn unter Theorie wird im allgemeinen all das subsummiert, was dem Praktischen zuwiderläuft. Dass dem nicht so ist, ist unbestritten. Nur der Einfachheit halber sei hier der Anfang gemacht.

    Die Reflexion auf den Begriff der Praxis beginnt mit Aristoteles. Zuerst erstaunt einmal das weite Feld, das bei ihm der Praxis zugeordnet wird. In seiner Kosmologie bezeichnet Praxis Bewegung schlechthin und lässt dies auch für die menschliche Existenz gelten, andererseits bezeichnet er Praxis als auf Äusseres gerichtete Handlung in seiner Theologie als den Göttern und dem Kosmos unwürdig, da jene nur auf sich gerichtet und in sich verbleibend handeln. Aristoteles versteht dabei unter auf Äusseres bezogenen Handlungen in erster Linie sittliche Handlungen, die der Mensch aus seiner Angewiesenheit auf andere Wesen heraus zu tun veranlasst ist. Darum wäre es unangemessen, den Göttern irgendwelche sittliche Kategorien zuzuordnen. Dieser Kontext erklärt, warum er Praxis fast als Synonym für bi/ov gebrauchen kann: Handeln vollzieht sich, wenn ein Ziel und die Mittel vorhanden sind. Allen Lebewesen gemein ist, dass sie um der Erhaltung des Lebens willen sich vermehren und Nahrung verschaffen. Dieser biologistische Ansatz vermag ausserdem zu zeigen, dass Handeln, Praxis auf dieser Ebene von sich aus vorgängig jeder Theorie ist. In seiner Metaphysik nennt Aristoteles nur diejenigen Handlungen im eigentlichen Sinne Praxis, die selbst ihr Ziel sind und nennt solche e)ne/rgeia, wobei auch die den Zweck realisierende Bewegung, also das "Auf-dem-Wege-Sein” darin eingeschlossen ist. Er grenzt dabei Handlung im engeren Sinne von poi/esiv ab, dem Hervorbringen, Produzieren. Praxis wird sodann zum Obergriff für jede menschliche Handlung: sowohl der theoretischen Wissenschaft als auch der Poiesis und dem Handeln im engeren Sinne. Tätigkeiten, die sich mit dem Unwandelbaren beschäftigen, ne8nnt Aristoteles qewri/a, was das Kontingente und Veränderbare zum Objekt hat, ist je nach Ziel Poiesis oder Praxis. Wobei er unter Theorie nicht etwa eine abstrakte Wissenschaft versteht: Theorie teilt sich nach seinem Verständnis auf in e)pisth/mhh, der zu einem Können ausgebildeten Vernunft, und der te/knh, der Kunstfertigkeit als dem rationalen Herstellungsvermögen. Das spezifische Gut der Theorie ist die Wahrheit. Denn ihre Aufgabe ist es, qua Ontotheologie die alles Sein ordnende Struktur zu entdecken. Desgleichen bezeichnet er innerhalb der Praxis (als dem auf die menschlichen Handlungsfelder bezogenen Tun) die Klugheit und Vernunft als fro/nesiv. Er kann nun diese Unterscheidungen in der Wissenschaftstheorie der Metaphysik als Grundkategorien allen Seins und also auch der Vernunft bezeichnen. Dass das menschliche Denken sich in diesen drei Kategorien verhält, wird von weitreichender Bedeutung sein. Es würde zu weit führen, auf die Praxisdefinitionen im politischen Leben der Antike und ihre sozialgeschichtliche Herkunft einzugehen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass trotz den mannigfachen Ansätzen Aristoteles Praxis zum einen als Bewegung im allgemeinen Sinne und zum andern als konkreten Lebensvollzug allen Lebendigen versteht. Weiter unterscheidet er anschliessend zwischen biologischem und spezifisch menschlichem Daseinsvollzug. Diesen unterteilt er wiederum in Praxis im eigentlichen Sinne und als nach aussen gerichtete Handlungen. Praxis im eigentlichen Sinn kann er auch als Eupragia formulieren, sowohl wohlergehen als auch gut handeln. Diese Eupragia führt zum obersten Ziel des Menschen, der Eudaimonia. Wenn Eudaimonia als das oberste Ziel eine Praxis ist, so heisst das, dass Glück selbst eine Praxis ist. Er integriert quasi in diesen Praxisbegriff die Theorie als Lehre vom höchsten Glück (wir könnten für die Lehre vom höchsten Glück auch Umgang mit der Welt oder Reflexion setzen, und zwar so, dass diese Reflexion die Struktur, die göttliche Ordnung der Welt entdeckt) und kommt dabei zum Schluss, dass theoretische Praxis eine ”höherrangige” Praxis ist, wobei die eigentliche Klammer die faktische Existenz als praktische ist. Einerseits ist Theorie die Reflexion auf die Welt und so in formalem Sinn dieser übergeordnet. Alsdann wird die faktische Welt nur dann erfahren, wenn mit ihr umgegangen werden kann, also ist Reflexion die Bedingung für die Erfahrbarkeit der Welt oder der Praxis. Ich überspringe aus Platzgründen im folgenden die Diskussion über Theorie und Praxis, die sich im Mittelalter im Anschluss an die Aristotelesrezeption entwickelte. Sie wird jedoch hinsichtilich ihrer Folgen für die Theologie im Abschnitt über theologische Theorie und Praxis unbedingt erwähnt werden müssen, da durch sie das Verständnis von Theorie und Praxis innerhalb der Theologie seit dem Zeitalter der Scholastik bis in die Neuzeit entscheidend mitgeprägt wurden. Ich habe im vorhergehenden Abschnitt zu zeigen versucht, dass in der aristotelischen Unterscheidung von Episteme (Wissenschaft) und Praxis (sowohl der theoretischen als auch praktischen Vernunft) der Praxis der Bereich der Existenz, enger der des menschlichen Lebens zufällt, also der Inbegriff aller Lebensvollzüge. Der bi/ov qewrhtiko/v bezeichnet den reflexen Umgang mit der Welt, der so das Leben prägend erst erfahrbar macht. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass Aristoteles dies auf dem Hintergrund seiner Ethik formuliert, dieser Prozess im Dienste des Eudaimonions steht und Aristoteles, weil Glückseligkeit für ihn ein bekanntes zu erreichendes Ziel ist, den bi/ov qewrhtiko/v derart teleologisch verstehen kann. Ich werde mich in der Folge also in erster Linie dem Praxisbegriff zuwenden.

    Eine weitreichende Veränderung stellt man nun bei Thomas Hobbes fest. Er versteht Praxis als das mechanistische Streben nach Selbsterhaltung. Also eine Tätigkeit, die Aristoteles ziemlich weit unten in seier Hierarchie eingeordnet hatte. Praxis gilt dabei in erster Linie als Poiesis. In den kausalen Schemata und Kategorien sind die menschlichen Bedürfnisse die Ursachen allen menschlichen Handelns. Der Staat und die Politik ist einerseits die eine, objektive Sphäre solchen Handelns, andererseits die Form, in der je individuelles Tun kompossibel wird, sich so nicht ausschliesst und trotzdem gegensätzliche Handlungsmotivationen möglich sind. Die oben beschriebene Theorie wird dabei zu einer Art te/xnh poietikh/ reduziert. Hobbes versteht sie als produktive Wissenschaft, d.h. sie leistet den -nun eben theoretischen- Hintergrund für die Herstellung der notwendigen Lebensbedingungen. Dem entspricht dann in der Praxis die als theoretische Praxis zu bezeichnende, spezifisch produktive Technik.

    Weitere Stadien überspringend erwähne ich hier den Aufsatz von Kant ”Über den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis”. Neben einem Praxisbegriff, der demjenigen von Hobbes und Bacon in etwa entspricht, unterscheidet Kant einen weiteren, der Handlungen vollzieht, die nicht Empirisches verwirklichen. Theorie versteht er als in gewisser Allgemeinheit gedachte Prinzipien der Praxis. Kant stellt jedoch fest, dass, ”wo der Wert der Praxis gänzlich auf ihr untergelegter Theorie beruht, und alles verloren ist, wenn die empirischen und daher zufälligen Bedingungen der Ausführung des Gesetzes zu Bedingungen des Gesetzes selbst gemacht, und so eine Praxis, welche auf einen nach bisherigen Erfahrung wahrscheinlichen Ausgang berechnet ist, die für sich selbst bestehende Theorie zu meistern berechtigt wird.” Er übernimmt grundsätzlich die von Hobbes eingeführte Wendung und versteht Praxis im allgemeinen als konkretes Handeln, das er nach verschiedenen Bedürfnissen des Menschen und der Gesellschaft genauer ausformuliert. Nun kann man also bereits Ausgangs der Aufklärung folgendes konstatieren: Die Praxis läuft Gefahr, als rein konretes Handeln, im Sinne der aristotelischen Poiesis, verstanden zu werden. Die Theorie tendiert demgegenüber entweder in eine induktionistisch gefasste Lehre der Erfahrung verengt oder aber eine spekulativ überhobene, sich selbst beweisende Ideenkette zu werden. Die Spannung zwischen Theorie und Praxis ist erkannt. Johann Gottlieb Fichte hat einen interessanten Ansatz, spricht er doch von einer ”Praktik des Lebens” und von der Praxis der angehäuften Erfahrungen. Nun hat aber auch dieses Praxisverständnis einen der Poiesis ähnlichen Charakter und sagt eigentlich mehr über die Theorie aus, wenn er mit Blick auf die Praxis von den Wissenschaften sagt: ”Alle Wissenschaft ist thatbegründend; eine leere, in gar keiner Beziehung zur Praxis stehende gibt es nicht.” Er kann so von einem eigentlichen Primat der Praxis gegenüber der Wissenschaft sprechen: ”Wir handeln nicht, wie wir erkennen, sondern wir erkennen, weil wir zu handeln bestimmt sind; die praktische Vernunft ist die Wurzel aller Vernunft.” Trotz einer Bestimmung der Praxis als des eigentlichen Wesens des Ichs und als die innigste Wurzel, das vordergründig durchaus ontologischen Gehalt aufweist, fasst Fichte Praxis derart produktiv auf, dass sein Idealismus teils Kategorien des späteren marxistischen Praxisverständnis vorwegnimmt.

    Es scheint mir wichtig, hier Hegels Beitrag und den seiner Nachfolger zu erwähnen. Bei Hegel bezeichnet Praxis das Gebiet des tatsächlich Vorhandenen. Damit stellt er sich in den Horizont der Moralphilosophie. Praxis hat für ihn mit der Formung von Materie und dem hervorbringenden Tun und Handeln des Geistes zu tun, in dialektischen Begriffen das Umformen des Vorhandenen. Indes scheint mir, dass trotz der Beteuerungen Hegels, sich mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen und dass, was nur im Kopfe richtig ist, nicht als praktisch gelten kann, die Wirklichkeit erneut hinter dem abstrakten Begriff der Praxis verschwindet. Man versteht die nachfolgende junghegelianische Kritik nur, wenn man das Verhältnis der Philosophie zur Geschichte bei Hegel und seinen Nachfolgern betrachtet. Die Junghegelianer schränken das hegelsche System als Theorie ein, dem die faktische Geschichte gegenübersteht und suchen daraus ein Denken zu entwickeln, in dem auch die Geschichte vollkommen vernünftig wird, umgekehrt, das Geschichtlichwerden der theoretisch absoluten Vernunft. Dies gilt als Praxis. Hegel versteht die Aufgabe der Philosophie darin, die Zeit in Gedanken zu fassen. In der Reflexion auf die Zeit und den unaufhebbaren Zeitbezug gelangt die Vernunft ganz zu sich selbst. Gerade dies streiten die Junghegelianer ab und werfen Hegel vor, diese Accomodation an die politischen Zustände habe das echte Zeitverständnis zugunsten der reinen Begriffe verleugnet. Echtes Zeitverständnis nimmt demgemäss Zeit als faktische Zeit, als faktisches Geschehen wahr. Das Reflexionsverhältnis zwischen Philosophie und Zeit sei zu fixieren, nicht deren Metabasis in eine begriffliche Form. Dieses Reflexionsverhältnis verstanden die Junghegelianer als Kritik, als das Feststellen von Differenz. Wird diese Kritik nur als Negation verstanden und hat die Philosophie der Geschichte nicht etwas der Zeitlichkeit Enthobenes anzubieten, so erschöpft sich dieser Prozess in endloser gegenseitiger Ablehnung. Die Reflexion wird damit zu einem Kampf gegen Windmühlen, dem ein durchaus aktivistischer Zug anhaftet, dessen Wirkung aber ausbleiben muss. Unter Praxis kann man also in junghegelianischem Verständnis sowohl den Verlauf der Geschichte verstehen als auch den Prozess der Kritik, sich zu diesem Verlauf zu verhalten. Als theoretisch gilt dann die Konzeption, die diesem Verhalten zugrunde liegt.

    Auch Karl Marx schöpft aus diesem Grund. Nur orientiert er sich zu Beginn seiner Reflexion am antiken Verständnis von Theorie und Praxis bei Platon. In der Philosophie des Sokrates sieht er Theorie und Praxis in gleichberechtigtem Verhältnis zueinander stehen. Erkenntnis, also Theorie, ist immer auf das Handeln bezogen, die Praxis. Darum hat wahres Erkennen richtige Lebensführung zur Folge und ist mangelnde Erkenntnis die Ursache für alles Übel. Diesen Lebenszusammenhang will Marx für sein Verständnis von philosophischer Praxis fruchtbar machen. So kann er sogar von einem Theoretisch-Werden der Praxis sprechen: "Die Praxis der Philosophie ist selbst theoretisch. Es ist die Kritik, die die einzelne Existenz am Wesen, die besondere Wirklichkeit an der Idee misst.” Aber nach Hegel kann Philosophie nie bloss begreifend sein und sich solcherart die Wirklichkeit anmassen. Philosophie wirkt sich in der realen Welt aus so wie jeder Mensch sich seiner Bedürfnisse wegen in der Welt praktisch verhalten muss. Nicht der Bezug der Philosophie zur Welt, resp. die Beziehung dieser beiden zueinander ist die Aufgabe der Philosophie -so Hegel und die Junghelegianer-, sondern die Praxis ist das Mittel für die Aufgaben der Theorie. Bei Marx: ”Die materielle Gewalt muss gestürzt werden durch die materielle Gewalt.” Die Praxis ist die Realität der Geschichte, d.h. die Wahrheit des geschichtlich-gesellschaftlichen Lebens. Die Philosophie richtet sich nach den konkreten Individuen, anders formuliert: die Philosophie richtet sich nach der Zeit, der konkreten Wirklichkeit, und die hegelianische Accomodation der Philosophie zur Geschichte ist lauter Schein. Aber Marx hebt die Trennung von Theorie und Praxis nicht auf, sondern bewirkt im Gegenteil durch die zur geschichtsphilosophischen Lehre erhobene Praxis, also dem geschichtskonstitutiven Moment der Produktionsverhältnisse, deren Verstärkung. Er hat richtig gesehen, dass theoretische Kritik nicht rein negativ verfahren darf (wie im junghegelianischen Verständnis) und Philosophie praktische Emanzipation erfahren muss. Doch indem die Wirklichkeit zum Gedanken drängt, macht sich Marx einerseits an der von Kant verurteilten Theorie aus der empirischen Erfahrung schuldig, und andererseits kehrt er das Missverhältnis einfach um. Es kann u.E. gar keine Lösung darin bestehen, dass dort, wo Theorie der Praxis entfernt erscheint, die Praxis gegenüber der Theorie hypertrophiert wird.

    Ansätze zu einer Theorie der Praxis

    Im folgenden soll kurz skizzenartig eine Theorie der Praxis entworfen werden. Und zwar werde ich mich dabei in erster Linie an Gedankenanregungen des frühen Heideggers halten, um dabei einige Punkte zu betonen, die bei einer Besinnung auf Theorie und Praxis berücksichtigt werden müssen. Wir haben im vorhergehenden philosophiehistorischen Exkurs gesehen, dass mit der frühen Neuzeit ein Bruch in dem aus der Antike überlieferten Praxisverständnis eingetreten ist. Mindestens seit Hegel klaffen Theorie und Praxis derart auseinander, dass ein Zusammendenken nicht mehr möglich scheint, und andererseits Theorie und Praxis so auch gänzlich auf einander eingeschworen und verpflichtet wurden: ein dialektisches Verhältnis, bei dem Praxis der ausführende Arm ist und Theorie dazu die Vorgaben liefert. Das Betonen der einen oder anderen Seite hat das Problem nicht lösen geholfen. Andererseits ist das Wissen, dass sowohl Theorie als auch Praxis zu den elementarsten Handlungsfeldern des Menschen gehören, nie verloren gewesen. Wo es je darum ging, das Tun des Menschen und somit der Geschichte zu reflektieren, muss vermieden werden, dass eine Übertheorie entwickelt wird, die ihrerseits den Hiatus zwischen Theorie und Praxis "theoretisch” überbrücken soll. Dieses wäre nämlich wiederum ein Rückfall in den längst bekannten Irrtum einer nur noch sich selbst verifizierenden, spekulativen Theorie. Anhaltspunkt kann nur die faktische Erkenntnis sein, dass auch dort gehandelt wird, wo gar keine Theorie vorhanden ist. Dieses gleichsam ursprüngliche Handeln darf jedoch nicht in Kategorien gefasst werden, die dieses ihrerseits sofort in bestehende Kategorien einordnen. Damit wäre lediglich der Begriff der Selbstverwirklichung des Menschen von Marx in biologistischer Form rehabilitiert.

    Es ging in der vorangegangenen Diskussion um das Verhältnis von Theorie und Praxis, resp. um die Zuordnung vom Denken zur Wirklichkeit. Es leuchtet unmittelbar ein, dass die Aussagen über den Vollzug von Praxis ohne Theorie sich gleichermassen auch über die Theorie selbst sagen liessen. Theorie als Begreifen der Welt, das - wie Aristoteles schon zu zeigen vermochte - unmittelbar zum Menschen gehört. Aber sowohl das junghegelianische als auch das marxistische Verständnis vom Gegensatz von Theorie und Praxis entstammten jedoch dem Hintergrund des vollendeten, allgemeingültigen Systems von Theorie von Hegel. Dieses Verständnis von Theorie ist verschwunden, geblieben ist der postulierte Gegensatz: Der Begriff der Theorie wird gegenwärtig fast ausschliesslich in diagnostischem Sinne verwendet, um das zu bezeichnen, was zu theoretisch ist.

    Es taucht dabei nun aber die Frage auf, warum eine Theorie der Praxis - so es eine solche überhaupt geben kann - nötig sein sollte, wenn aus einer Theorie nicht Handlung resultieren soll und Praxis sowieso schon ursprünglich der Theorie ist. Dabei ist zu sagen, dass der Begriff der Theorie selbst als Bestimmung der menschlichen Denkbewegung in der Philosophiegeschichte nicht angezweifelt, geschweige denn destruiert wurde. Wissenschaft kann nur, wenn sie Wissenschaft sein soll, theoretisch sein. Das meint, dass die Reflexionsbewegung auf die Wirklichkeit in nachvollziehbaren Denkbewegungen verlaufen muss, man könnte auch sagen, dass ihr eine allgemein anerkannte Proto- oder Wissenschaftstheorie zugrunde gelegt sein muss. Um das geht es aber hier nicht, und das kann hier auch gar nicht erfolgen. Das zentrale Kriterium für jede Theorie im Sinne des traditionellen Wissens um die Welt (Sophia) ist, sich an der Wirklichkeit selbst messen zu lassen. Die Frage nach der Angemessenheit von Theorie gegenüber Wirklichkeit bedingt, dass man sich auf diese Wirklichkeit besinnt und darauf, wie ihr recht widerfahren kann. Und somit ist die Begründung gegeben, sich mit Praxis zu beschäftigen. Praxis soll also in diesem Zusammenhang durchaus als mit dem Begriff der Wirklichkeit synonym verstanden werden. Es gilt jedoch zuvor noch einen Einwand zu bedenken: Mit einer Theorie der Praxis soll nicht eine neues System gegen das herrschende Verständnis von Theorie und Praxis entworfen, sondern auf die fundamental verbindende Komponente von Denken und Wirklichkeit gezielt werden. Diese Verbindung darf nicht ein hartes Schematisieren und Verallgemeinern der Wirklichkeit sein, wie es Nietzsche kritisierte, sondern kann nur im Augenblick des Erlebens und Erfahrens seinen Anhalt haben. Es gälte, Denken und Handeln zusammenzudenken. Max Scheler beschreibt diesen Punkt des Zusammentreffens von realer Wirklichkeit mit dem Denken ausgehend vom Eindruck der Realität überhaupt, des aller Tätigkeit des menschlichen Verstandes schlechthinig Widerständigen. Dieses ist einfach da, vor jedem Denken, Wahrnehmen und vor jedem Interpretationssinn. Heidegger beschreibt einen ähnlichen Prozess von Wahrnehmung in der Feststellung des Umweltlichen. Das Ich ist beim primären Sacherfassen ohne jeden gedanklichen Umweg beteiligt. Und dass Heidegger gerade das Ich betont, das - ohne jede subjektivistische Verkürzung - das Umweltliche wahrnimmt, macht ihn für die Theologie bedeutungsvoll. Denn dagegen steht die entlebende Wahrnehmung durch die Theorie, eine Wahrnehmung, die die Wirklichkeit stets als gegeben betrachtet. Aber in diesem gegeben ist das Umweltliche bereits reflektierend wahrgenommen, mit Heidegger entlebt. Darum ist die Frage nach dem Ding bereits aus der Theorie zurück nach dem Umweltcharakter gefragt, gleichsam eine Frage nach dem Destillat des Umwelterlebens. So bezeichnet auch schon die Realität eines Dings nicht mehr sein Sein im Umwelterleben, sondern ist eine spezifisch theoretische, im Wesen der Dingheit liegende Charakterisierung. Die theoretische Form der Bezeichnung eines Gegenstandes wird also erreicht durch den Prozess der Entlebung. Demgegenüber steht das Umwelterleben als ein Erleben, das nicht theoretisch setzt, sondern als weltend erlebt. Darauf gründet nun erst jede weitere erkenntnistheoretische Folgerung. "In dem Etwas als dem Erlebbaren überhaupt haben wir nicht ein radikal Theoretisiertes und Entlebtes, als vielmehr ein Wesensmoment des Lebens an und für sich zu sehen, das in einem engen Zusammenhang steht mit dem Ereignischarakter der Erlebnisse als solchen. Aus diesem vorweltlichen Lebensetwas motiviert sich erst das formale gegenständliche Etwas der Erkennbarkeit. Etwas formaler Theoretisierung.” In aller Kürze liesse sich so zeigen, dass Sprache und Sprachausdruck daher die Aufgabe haben, dieses vorwelthaft-welthaft, ursprünglich Erlebte mitzuteilen. Dies würde u.E. als die ureigenste Aufgabe einer Theorie der Praxis gelten, dass das Erlebte ohne jede theoretisch-objektivierende Setzung mitgeteilt wird. Praxis als das Zur-Sprache-Bringen des Lebens. Damit soll in keiner Art und Weise ein aristotelischer Praxisbegriff einfach restipuiert werden. Und auch ist dies keine subjektivistische Verkürzung. Sondern das Zur-Sprache-Bringen des Lebens beinhaltet ja gerade auch das Zur-Sprache-Bringen der Geschichte, also der verstehenden Aneignung des Vergangenen. In den Kategorien des Einzelnen bedeutet das, sich der Frage des Wie des Umganges des menschlichen Lebens mit sich selbst zu stellen. Umgang heisst dabei nicht nur transitiv mit dem Leben umgehen als einem Objekt, sondern sich der Frage stellen, ob das Leben nicht umgangen wird, also allzu häufig nicht zu sich selbst kommt. Praxis ist so verstanden Umgehen mit dem Leben, so dass dieses bei sich selbst bleibt.

    Das theologische Praxisverständnis. Ein theologiegeschichtlich-systematischer Exkurs

    ”Ich habe mir sagen lassen, dass die Weltgeschichte eine ganze Anzahl höchst aktiver Männer, behaftet mit religiösen Ideen, kannte. Es gab Tausende, die doch wohl gerad aus religiösen Gründen eine mächtige Tätigkeit innerhalb ihrer Gesellschaft entfalteten, halfen, pflegten, erzogen in Zeiten, wo man noch nichts dergleichen kannte, - es gab gewiss auch viele, die sich in der Tat aus religiösen Gründen von den übrigen Menschen zurückzogen, in die Einsamkeit, aber sogar auch da nur, um aktiv zu sein, um ungestört (man kann ohne Übertreibung sagen: Tag und Nacht) an ihrer Verbesserung und Vervollkommnung zu arbeiten.”

    Der Ältere

    Alfred Döblin, Der Unsterbliche Mensch

    Im vorhergehenden Abschnitt versuchten wir darzulegen, wie Praxis in der Geschichte der Philosophie verstanden wurde und was sie heute andeuten könnte. In geraffter Form soll dies nun hier für die spezifisch theologische Praxis vollzogen werden, und zwar nicht gemäss der Frage, was praktische Theologie sei, sondern inwiefern sich Theologie selbst immer und in erster Linie als praktische verstanden hat. Dabei werden wir unser Augenmerk besonders auf die Zeit der protestantischen Orthodoxie und derjenigen von Jan Amos Comenius richten. Es geht dabei nicht darum, quasi in einem wissenschafts- und theologiegeschichtlichen Exkurs die Differenz von Theorie und Praxis innerhalb der Theologie zu erläutern. Sondern die Frage lautet präziser, wie die Praxis der Theologie lautet und wie sich diese in der Geschichte bewahrheitet hat. Dass Theologie historisch als praktische Wissenschaft galt, lässt sich leicht nachweisen. Es ist allerdings nicht der Ort, die Diskussion um die Angemessenheit von Theologie als Wissenschaft hier zu diskutieren. Der Begriff der scientia practica erscheint für die Theologie erstmals im 13. Jahrhundert im Kontext der Eingliederung der Theologie in das aristotelische Wissenschaftsschema. Es interessiert uns nicht so sehr, dass in der Anfangszeit dieser Reflexion Theologie als praktische Wissenschaft galt, weil sie auf das Tun der guten Werke ausgerichtet sei. Dagegen opponierte mit Recht Thomas und schätzte die um das Wissen selbst ergriffene Wissenschaft höher ein als diejenige, die auf Anwendungen zielt. Duns Scotus hingegen argumentierte für die Theologie als scientia practica, weil sie auf Gott als das letzte und höchste Ziel des Menschen gerichtet ist und ihr als solcher eine höhere Wertschätzung zukommt als jeder spekulativen Wissenschaft. Dabei gehört auch die Erfassung des Zieles mit zur praktischen Wissenschaft, d.h. nicht nur die Reflexion über die Mittel zur Erlangung desselben, sondern die Reflexion über das Zielsein des Zieles ist Teil der praktischen Wissenschaft und wird nicht etwa durch die spekulative vorausgeleistet. Wenn hier von Gott als dem letzten Ziel des Menschen gesprochen wird, so unterscheidet sich diese Definition von einer, die Theologie als spekulative Wissenschaft versteht, darin, dass eine "Relativierung theologischen Redens von Gott auf den Menschen” stattfindet. Es gälte nun genau zu diskutieren, ob eine solcher anthropologischer Ansatz nicht genau das Gegenteil dessen bewirkt, was er soll: Anstelle eines anthropologischen Bezuges der Theologie (der, so könnte man sagen, der Theologie immer schon gegeben ist, als sie sich an den Menschen qua Sünder richtet, und den nur die unbedingte Gnade Gottes zu erlösen vermag) tritt ein anthropologisierter Gottesbegriff. Dieser zeichnet sich durch die nominalistische Überordung der voluntas über den intellectus aus. Nur so lässt sich verstehen, warum das Selbstverständnis des Menschen zur Ausgangsbasis des Redens von Gott werden kann.

    Wir bedenken die Folgen hier nicht weiter, vermerken aber, dass dies beim Verständis der Orthodoxie nochmals erörtert werden muss, und schreiten zu Luther: Vera theologia est practica, et fundamentum eius est Christus, cuius mors fide apprehenditur. Omnes autem hodie, qui non sentiunt nobiscum et non habent nostram, faciunt eam speculativam, quia sie konnen aus der cogitatio nit kommen: Qui bene fecerit etc... Und in der Enarratio zum 51. Psalm: Cognitio dei et hominis est sapientia divina et proprie theologica, Et ita cognitio dei et hominis, ut referatur tandem ad deum iustificantem et hoinem peccatorem, ut proprie sit subiectum Theologiae homo reus et perditus et deus iustificans vel salvator...

    Natürlich erscheint hier eine existentielle Färbung im Begriff der Theologie. Nur: was kann denn Theologie anderes sein, als ein existentielles Ansprechen des Menschen auf sein Sein vor Gott? Ist nicht hier in nuce erkannt, was reformatorisches Christentum heisst, nämlich dass der Mensch ontologisch von Gott her gesehen wird und sich so jede Anthropologie verbietet, die diese Relation zu tangieren droht? Mir scheint, dass dieser Ansatz zum Verständnis von theologischer Praxis von eminenter Bedeutung ist. Denn Luther grenzt sich mit dieser Praxis scharf gegen jede verweltlichte Theologie ab, die zwar in Gestalt von theologisch-religiöser Praxis daherkommt, in Wahrheit jedoch nur Moralisierung und Spekulation ist: ista sunt signa Ignoratae poenitentiae, peccati, gratiae dei, et theologia facta mere mundana, Civilis. Cognoscere enthält in seiner Bedeutungsfülle all das, was wir im vorhergehenden Kapitel unter dem Begriff der Praxis zu erläutern versuchten. Es ist nicht ein kognitives Erkennen, mit dem sich trefflich disputieren lässt. Sondern ein - wie Gerhard Ebeling formuliert - Betroffensein in seinem eigenen Sein, einem se cognoscere peccatorem. In ähnlichem Sinn formuliert Calvin, wenn er von der Theologie spricht: Diximus autem initio, Dei notitiam non esse positam in frigida speculatione, sed secum trahere eius cultum. Umgekehrt erweist sich die rechte Erkenntnis Gottes erst in der Praxis, wo er als Gott für uns erscheint: Neque enim Deum proprie loquendo cognosci dicemus, ubi nulla est religio nec pietas.

    Mit Beginn der Orthodoxie erscheinen neue Definitionen des theologischen Praxisverständnisses. Es werden wieder die Fragen aufgeworfen, die in der Hochscholastik zur Klärung anstanden. Ohne auf die spezifischen Probleme der Orthodoxie und ihres Denkens im einzelnen einzugehen, kann man einen Problemkreis bereits anzeigen: Wiederum kreisen die Fragen um das Verhältnis der rationalen Erkenntnis und der Erfahrung. Oder anders formuliert: Wie verhalten sich Metaphysik und Geschichte, und das meint im speziellen die Geschichte des Sünders, zueinander, wie ist die rationale Erkenntnis in der faktischen Welt des Menschen zugänglich, erfahrbar. War für die reformatorische Theologie das (nos) extra nos schlechterdings Bestimmung und Angelpunkt allen theologischen Sprechens, so wird dieses Bestimmtsein extra se zusehends verschoben auf rechtgläubige Formeln, die in distinkter und klarer Definitionsgewalt Bestimmung leisten sollen und doch nur sich selbst bestätigen können.

    Trotzdem wird der praktische Charakter der gesamten Theologie eindringlich hervorgehoben, ja in einer Eindringlichkeit formuliert, die bei den Reformatoren nirgends zu finden ist. Keckermann formuliert zu Beginn seiner Systema sacrosanctae Theologiae: Theologie est prudentia religiosa ad salutem perveniendi mit dem einzigen Zweck, dem Menschen das Heil zu vermitteln, Finis Theologoiae est ipsa salus, de qua in sequentibus agetur. Und Keckermann betont den praktischen Charakter der Theologie gerade gegen jene Theologen, die darin nur eine reine Wissenschaft als contemplatrix diligentia sehen wollen. Theologie ist in ihrem Tun auf das Handeln des Menschen gerichtet, hat ihr eigentliches Ziel darin, operatione in subiectum est introducendus. Denn: Neque enim imago Dei et salus, quam post lapsum perdidimus, nuda quadam speculatione a nobis recuperatur, sed necesse est accedat ipsa praxis theologie, quae est in consolatione posita, ut post audiemus. Atque hoc est quod Christus saepe inculcat, non audendum tantum esse Dei verbum, des praxi ipsa experimendum. Man vermeint dabei noch jenen existentiellen Ton der Reformatoren zu hören mit dem sie den einzelnen Menschen ins Zentrum der Gottesbeziehung stellten. Doch hindert dies Keckermann nicht daran, jede praktische Disziplin von einer theoretischen, vorgegebenen abgeleitet zu denken. Denn das Handeln des Menschen besteht in erster Linie in der Erkenntnis Gottes, der cogitatio Dei um daraus die fruitio Dei abzuleiten. So ist auch die Theologie als operative Wissenschaft abhängig von einer theoretischen, die Keckermann die Theosophie nennt. Die Offenbarung ist der Gegenstand, der der Theosophie zugrunde liegt. Deutlich erkennt man das analytische Vorgehen, wonach das Ziel einer Wissenschaft den Weg weist.

    Dabei darf man hier wohl auch Anknüpfungspunkte an das Denken von Duns Scotus und den neu entdeckten Aristotelismus erkennen. Doch hiesse es die Eigenleistungen der Orthodoxie verkennen, wenn diese Bestimmung der Theologie allein als Wiederaufleben der hochmittelalterlichen scholastischen Methode verstanen würde. Wir haben oben gesehen, dass es zwischen Thomas und Duns Scotus durchaus nicht ausgemacht war, wie die Theologie als Wissenschaft hinsichtlich ihres Charakters bestimmt werden sollte. Und es blieb Duns Scotus in der Minderheit, denn schon Ockham wandte sich wieder von ihm ab. Und trotzdem hat sich in der Nachfolge der Reformatoren diese Definition durchgesetzt. Um was ging es den orthodoxen Denkern dabei? Es ist damit mit Sicherheit nur sehr begrenzt die Handlungen der Kirche und ihrer Glieder gemeint. Diese werden zwar nicht ausgeschlossen und heissen je nach Darstellung und Ausformung theologia catechetica, didactica, casuum. Doch sie sind deutlich der theologia positiva nachgeordnet. Und dass nicht wenige Theologen, deren Systeme die Praxis der Theologie streng betonen, dabei durchaus in synthetisch-theoretischem Sinne vorgehen, erstaunt nicht. Wenn die systematische Grundbestimmung der Theologie - und diese Grundbestimmung erfolgte ja auch auf denkerischem, systematischen Weg - zum Schluss kommt, dass das Wesen der ganzen Theologie praktisch sein muss, dann kann dies nur bedeuten, dass es um die ganze Existenz des Menschen geht. Als These sei hier formuliert: Weil die Theologie des orthodoxen Zeitalters um die Relevanz der Erfahrung des Menschen wusste, wollte sie diesen Bezug festhalten. Nicht die Wissenschaft erfand das Postulat der Praxis, sondern die Praxis dehnte sich auf die Wissenschaft aus, wurde förmlich in das Gebäude der entstehenden Wissenschaftslehre eingegossen. Es ist hier nicht möglich, das ganze komplexe Wissenschaftssystem der Orthodoxie mit seinen inneren Gegensätzen und Differenzen zwischen Aristotelikern und Ramisten, zwischen synthetischer, analytischer und horistischer Methode und ihren jeweiligen Einflüssen zu behandeln. Doch wir können noch etwas weiter schreiten und das eben Festgestellte mit den Aussagen von David Hollaz vergleichen. Hier findet sich die Definition: Theologia est sapientia eminens practica, e verbo Dei revelata docens omnia, quae ad veram in Christo fidem cognitu, et ad sanctimoniam vitae factu necessaria sunt homini peccatori aeternam salutem adepturo. Und der Föderaltheologe Johann Coccejus konnte das Argument von der Praxis der Theologie gerade in seinen Auseinandersetzungen mit den sozinianischen Kreisen der Niederlande ausdrücklich betonen, wenn er ganz zu Beginn seiner Aphorismen formuliert: "Theologia tota practica est. Nam quaecunque tum de fundamento fidei tum de iis, quae fundamentum illustrant et munius in ea docentur, faciunt ad pra/cin, non tantum externam, sed et internam, quae est doxa/zein qeo\n kai\ eu)x aristei=n au)t%= . Male igitur Arm. et Socin. ad solam pra/xin externam nos vocant, et nostram Theologiam criminantur speculativam.” Auch wenn das methodische Gebäude relativ eindeutig scheint und die Praxis der Theologie hierbei überall unterstrichen wird, so hat dies durchaus nicht nur konzeptionellen Charakter, sondern entstammt der in der Reformation entdeckten Glaubenserfahrung, die fortan das Leben bestimmte. So ist zu verstehen, wenn Gisbertus Voetius in seinen Disputationen Johannes Cuypius antwortet, dass die Theologie als ganze praktisch zu nennen wäre, weil ihr Wesen auf die Wiederherstellung, den Glauben, die Hoffnung, die Liebe oder aber auch die Tröstung und Ermahnung des Menschen zielt, und kein Teil von ihr kann richtig ausgeübt werden, wenn dies nicht mit diesem praktischen Impetus geschieht. Auch wenn im folgenden Alting und Alsted mit ihren distinkten Ausdifferenzierungen der Methodenlehre und der Einteilung sowohl der regina scientiarum als auch der weiteren Wissenschaften gelobt werden und auf den Triumphus biblicus hingewiesen wird, ist unübersehbar, dass die Erfahrbarkeit des Glaubens nicht vergessen wurde.

    Es ist hinsichtlich der Praxis nicht sonderlich dienlich, lutherische und calvinistische Schultheologie allzusehr gegeneinander auszuspielen. Traditionellerweise unterscheiden wir zwischen zwei schultheologischen Ansätzen, den Praxischarakter der Theologie systematisch zu begründen. Entweder spricht man von einem Zusammenfallen von assensus und fiducia, so dass der Gläubige nur dann richtig theologische Wahrheit erkennt, wenn die "emotionalen Funktionen" vorhanden sind. Oder aber man fasst das Praxisverständnis weiter und lässt theologische Erkenntnis erst in der praktischen Reaktion des Menschen auf diese zum Ziele kommen. Beide Verständnisansätze müssen nicht eine Verkürzung der Praxis in einem spirituellen Individualismus oder in einer poietisch-theologischen Moral zur Folge haben. Auch wenn die teleologische Wertung theologischer Erkenntnis in calvinistischer Tradition eine wichtige Rolle spielt, so kann daraus nicht einfach ein Fundamentalgegensatz zum Luthertum gefolgert werden. Zumal man beispielsweise bei Abraham Calov den Satz findet, alle Teile der Theologie ultimo dirigitur ad pra=cin atque ita respicit finem practicum, adeo ut nulla particula Theolgiae sit mere speculativa, qua aestimantur ex ultimo fine, ob quem cognoscuntur. Es lässt sich also trotz den verschiedenen Methodenansätzen aufgrund des Praxisverständnisses kein absoluter Gegensatz zwischen Calvinisten und Lutheraner aufweisen. Das hat Althaus zu zeigen vermocht.

    Das Bestreben, ein geschlossenes System der Wissenschaft zu entwerfen, indem die Theologie selbst nach wie vor die oberste Stufe besetzte, den andern Wissenschaften darunter aber ein je eigener Platz gebührte, allen voran die Logik, als die die andern Wissenschaften systematisierende Prototheorie, verhalf zwar zu immer genaueren Definitionen und Aussagen. Aber je genauer und bestimmter diese in formallogisch korrekter Weise gemacht wurden, desto grösser wurde hinsichtlich der Theologie zwischen Wissen und Glauben die Kluft zwischen Erkennen und Erfahren. Wieweit dies ging, sieht man daran, wie man genuine Glaubensaussagen logisch korrekt und bis ins letzte Detail ausdifferenziert abhandelte. So konnte der oben zitierte David Hollaz das Gnadenhandeln Gottes bezeichnen als: Justificatio est actus gratiae, quo Deus - homini peccatori - sed converso et renato - peccata remittit et justitiam Christi imputat. Johann Gerhard hatte diese Engführung schon zu vermeiden gesucht, als er am Anfang seiner Loci streng zwischen den Aussagen der scientia und denjenigen der Theologie, die extra se ihren Glaubensgrund hat, zu trennen versuchte. Natürlich hatte Gerhard keinen modernen, durch die Aufklärung bestimmten Wissenschaftsbegriff, doch ein gesundes Misstrauen gegenüber spekulativem Denken hatte sich ihm überliefert, das wir bereits in Melanchthons loci communes von 1521 in der introductio lesen, in einem der ersten zur theologischen Bildung geschaffenen Werk. Nach einem deutlichen Verweis auf die Schrift, die einziger Erkenntnisgrund für den Christen zu sein hat, folgt die Warnung, die Geheimnisse der Gottheit lieber anzubeten statt diese zu erforschen. Und wie Leitsterne nennt Melanchthon die drei protestantischen Grundpfeiler theologischen Denkens, Sünde, Gesetz und Gnade, aus denen allein Christus erkannt werden kann. Doch offensichtlich gingen diese Mahnungen im Strudel der Wissenschaftlichkeit und des Jahrhunderts unter. Nun ist die Orthodoxie des Protestantismus in ihren Einzelteilen trotzdem nicht nur derart starr und abgeschlossen, als wie sie beim ersten Blick in die Theologiegeschichte erscheinen könnte. Vielen Theologen waren die Grenzen wohl bekannt, und es fehlte nicht an Mahnrufen aus den eigenen Reihen. Die Art und Weise, wie auf den Universitäten und Hohen Schulen den Studenten Theologie gelernt wurde, erweckte schon um 1617 den Misswillen Balthasar Meisners. Reformbewegungen und Veränderungen sind zahlreich und auf verschiedene Bereiche verteilt. Es sollen hier diejenigen Punkte gestreift werden, die uns auch an Jan Amos Comenius interessieren werden. Dazu gehören in erster Linie die Stellungnahmen zur Frömmigkeit und ihres Verhältnisses zur Schultheologie und das Verständnis der Theologie selbst.

    Nicht nur innerhalb der eigentlich akademischen Theologie wurde das System theologischen Denkens einer andauernden kritischen Reflexion unterzogen, sondern auch die Relationen zwischen gelehrter Theologie und gelebtem Frömmigkeitsalltag. Das starke Fixieren der hochreligiösen Praxis an bestimmte Anlässe liess orthodoxes Kirchentum in Konkurrenz zu populärer Religionsausübung treten, war so aber umgekehrt immer schon in eine kritische Relation gesetzt. Negativ konnte dies Ablehnung der pfarrherrlich geforderten Frömmigkeit bis hin zum Aberglauben beinhalten, positiv wurde aus hochreligiösen Riten volkstümliche Kultur. Mehr als die Relationen mit der Umwelt interessieren uns allerdings die binnentheologischen Kritikansätze. Es genügt hierbei, an die bekannte frömmigkeitsgeschichtliche Wende zu Beginn des 17. Jahrhunderts anzuspielen, an den "Freudenspiegel des ewigen Lebens", den Philipp Nicolai 1599 veröffentlichte und mit dem für den lutherischen Raum Theologie nicht mehr nur kritische Instanz für die Frömmigkeit, sondern dieselbe auch an der Theologie Kritik übte und gleichzeitig verantwortete Verarbeitung war. Ebenso sei an den Erfolg der Gebetsliteratur erinnert, lange bevor käufliche Bibelausgaben und Gesangbücher in den protestantischen Haushalten anzutreffen waren. Oder es sei Martin Moller erwähnt, der als theologus pacificus et practicus die Meditation besonders gefördert hatte. Der praktische christliche Lebenswandel war weder der Geistlichkeit noch den Laien fremd. Eindrücklich kann dies an der tätigen Nächstenliebe gegenüber den Glaubensflüchtlichen des 17. Jahrhunderts illustriert werden. Was hierbei auch von einkommensschwacheren Schichten in den Städten an materiellen Hilfen gesammelt und den allzuoft nur dürftig bemittelten durchreisenden Flüchtlingen gegeben wurde, verdankt sich auch dem Bewusstsein konfessioneller Verbundenheit.

    Was das Bewusstsein anbelangt, sich geschichtlich inmitten der von Gott geschaffenen Welt auf das Ende der Geschichte hinzubewegen, dürften die Unterschiede zwischen lutherischem und reformiert-calvinistischen Verständnis der Heilsgeschichte nicht unüberwindbar sein. Für die lutherische Predigtliteratur der Orthodoxie wurde die Relevanz heilsgeschichtlichen Denkens nachgewiesen. Fundamental dafür war die Erkenntnis, dass nicht nur der einzelne Gläubige in das Heilsgeschehen Christi integriert ist, sondern die Geschichte selbst Christus unterworfen und von ihm beherrscht wird. Die Kirche spricht das Heil nicht nur ihren Gliedern zu, sondern hat auch die Aufgabe, die gegenwärtige Zeit auf dem Hintergrund der versprochenen Wiederkunft Christi und des allgemeinen Gerichts zu interpretieren und diese als so von Christus betroffene Zeit zu predigen. Dass sich im 17. Jahrhundert die Zeichen mehrten, dass die Wiederkunft Christi kurz bevorstünde, leuchtet ein. Man hat diese Form der theologischen Gegenwarts- und Geschichtsanalyse auch die Anwendung des hermeneutischen Prinzips der Analogia fidei auf die Historie genannt. Aber nicht nur als Form der Interpretation von Geschichte ist dieses Vorgehen bemerkenswert, sondern als Parallele zum individuellen Heilsgeschehen zeigt sich darin die Praxisdimension theologischer Wirklichkeitsdeutung und ihre Legitimation. Dass die ganze Existenz des Menschen vom Christusgeschehen betroffen wird, ist zu Beginn nämlich nichts als ein kerygmatisches Postulat. Gelingt es in der Predigtsituation aber, die faktische Gegenwart mit Hilfe der Deutung dieser Verkündigung dienlich zu machen, dann ist der Zuhörer kraft seiner Zugehörigkeit zu seiner Umwelt in das Geschehen einbegriffen. Dasselbe ist jedoch auch umgekehrt zu sagen: Kraft der Betroffenheit durch das Christusgeschehen wird der Christ Teil seiner Umwelt, weil Christus seine Gläubigen nicht entweltet, sondern sie in seinem Licht in die Welt hineinführt.

    Dass dennoch im Laufe des 17. Jahrhunderts eine neue Gesetzlichkeit entstand, die einen Teil dieser Ansätze zu ersticken drohte, haben wir oben am Beispiel von Hollaz kurz angeführt. Es führte zu weit, dies hier nochmals auszubauen, und den Beispielen dafür wurde bis anhin in der theologiegeschichtlichen Tradition mehr als genug Aufmerksamkeit zuteil. Es gilt festzuhalten, dass die Praxisnähe dennoch gewahrt wurde, und dass die entstandene Frömmigkeitsliteratur keineswegs im Gegensatz zur dogmatisch-theologischen Lehre stand, Theologia tota nisi practica est.

    Zum Schluss muss noch auf die spezielle Rolle der Hohen Schulen und Akademien hingewiesen werden, welche diese gegenüber den etablierten Universitäten im 17. Jahrhundert einnahmen. Walter Schmidt-Biggemann hat am Beispiel von Johann Heinrich Alsted, dem Lehrer von Comenius, gezeigt, was für eine herausragende Stellung die Hohen Schulen, zu denen bekanntlich auch Herborn gehörte, zusammen mit den im Laufe des 17. Jahrhunderts gegründeten Akademien für den Enzyklopädismus -und auch für den Chiliasmus und Millenarismus- hatten. Das Programm des Enzyklopädismus, geprägt von der heilsgeschichtlichen Erwartung, dass in nächster Nähe die Wiederkunft Christi zu erwarten sei, richtete sich mit dem Grundsatz der scientia de omni scibili nicht an die Universitäten, sondern an die alternativen Bildungsinstitute und vor allem an die herrschaftlichen Höfe, deren Aufgabe es gewesen ist, den gläubigen Untertanen die Grösse Gottes zu lehren und in der Natur und Schöpfung seine Prädikate zu erkennen. Darauf ist im nächsten Abschnitt nochmals näher einzugehen. Doch kann man jetzt schon ausführen, dass dies neben der klassischen Arbeit der Kirche ein weiteres Feld ist, auf das sich orthodoxes Denken in breiter Weise ausgedehnt hat und gerade nicht in solipsistischer Weise der kommenden weltverändernden Dinge harrte.

    Theologische Praxis bei Johann Amos Comenius.

    Vordergründig scheint es unnötig zu sein, theologische Praxis bei Comenius zu untersuchen, wird doch, wie wir ganz am Anfang festgestellt haben, diese in der bestehenden Literatur immerzu hervorgehoben. Wir werden aber im folgenden zu zeigen versuchen, dass diese Praxis keineswegs von vornherein unserem modernen Verständnis entspricht. Dazu kommen wir nochmals auf das vorherige Kapitel zu sprechen. Johann Amos Comenius war der berühmteste Schüler Johann Heinrich Alsteds. Dass Comenius seinem Lehrer zeitlebens grosse Achtung entgegengebracht hat, ist bekannt. Alsted nun selbst kennt man als Vertreter der reformierten Orthodoxie, und seine Theologie wird gemeinhin als stark durch die heilsgeschichtlichen Konzeption beeinflusst beschrieben. Philosophisch steht er einerseits in der neuaristotelischen Tradition, andererseits gelangte der Aristotelismus bei ihm in der gemilderten Form des Ramismus und Lullismus zur Anwendung. Die Heilsgeschichte ist bei Alsted fundiert durch eine systematische Methode, die den Umgang mit historischen Fakten ermöglicht. Dabei geht es nicht so sehr um die Fakten selbst, sondern um die Konzeption, in welcher sie stehen. Wichtig ist die Argumentation und Deduktion der Geschehnisse und nicht primär die "syllogistische Konsequenz". Was die ramistische Methode auf Grund ihrer Wurzeln in der Rhetorik zu leisten vermag, so sehr wurde ihr ihre Prinzipienlosigkeit angelastet. Alsted umgeht dies durch Anwendung lullistischer Kategorien, die sich beispielsweise in der Folge göttlicher Prädikate zeigt. Alsted zählt darunter die bonitas, magnitudo, aeternitas sive duratio, potestas sapientiavoluntas, virtus, veritas, gloria, differentia concordantia, finis, medium, maioritas, minoritas etc. Und Alsted kann solche Reihen ebenso in der Christologie bilden. Es kann kein Zufall sein, dass sich ähnliche Reihen bei Comenius finden, erwähnt er doch beispielsweise zu Beginn der Physicae Synopsis explizit seinen verehrten Lehrer Alsted und dessen Triumphus biblicus. Darin findet er die Bestätigung, dass die Bibel Quell aller Wahrheit ist. Alle menschliche Bemühung, die Welt zu entschlüsseln ist ohne göttliche Hilfe, "verstümmelt" und erreicht nicht einmal das dem Menschen zu erreichen erlaubte Ziel. Was das innerhalb der Christologie bedeutet, wird im nächsten Teil erörtert werden. Das alstedsche Schema hat jedoch eine noch weitreichendere Folge für sein Geschichts- und Theologieverständnis, denn von diesen Begriffen aus konnte die Welt als solche beschrieben werden, und es erklärt sich die Affinität zur natürlichen Theologie im allgemeinen und der Schöpfungstheologie im besonderen. Natürlich kann man von einer grundsätzlichen Nähe reformierten Denkens zur Schöpfung sprechen, wenn man sich die Betonung der opera ad extra und der creatio als primum opus vor Augen hält. Und dass von Gottes Wesen und Eigenschaften Welt und erfahrbare Wirklichkeit ausfliessen, ist sozusagen reformiertes Allgemeingut. Es erklärt sich so auch die Aufnahme von Gedankengut Raimundus' von Sabunde, sowohl direkt von Alsted als auch indirekt von Comenius. Doch Alsted zeigt mit seiner Methode, dass damit ein System vorliegt, das ein Wissenschaftskonzept im eigentlichen Sinn bildet. Scientia de omni scibili geht von einer prinzipiell guten Schöpfung aus, dem foedus naturae, der im Kontrast zum sündigen Menschen steht und nicht in Konkurrenz zum foedus gratiae zu verstehen ist, diesen vielmehr als das eine von zwei Büchern begreift. Föderaltheologisch wurde aus diesem Bund auf die Geschichte geschlossen, ja man kann sogar von einer Aufteilung des foedus naturae in Natur und Geschichte sprechen. Dem sündigen Menschen ist es gegeben, trotz seiner bescheidenen Kapazität möglichst viel von diesem Bund zu lesen, zu entziffern. Nicht, dass damit etwa in das Heilsgeschehen direkt eingegriffen wäre. Doch wie die Schöpfung vollendet eingerichtet ist, so ist aus der Geschichte gemäss ihrem Verlauf der Zeitpunkt von Christi Wiederkunft ableitbar. So sind dann die verschiedenen immer wieder nachgeführten und aktualisierten Auflagen des Thesaurus chronologiae mit ihren je ganz verschiedenen Kalendarien Beweis für die rege Tätigkeit Alsteds auf diesem Gebiet. Obwohl Alsted mit seinen konkreten Berechnungen für den Zeitpunkt von Christi Wiederkunft scheiterte, war er der festen Überzeugung, in der Endzeit zu leben. Wie ist nun aber das chiliastische Bewusstsein mit dem Wissenschaftsbegriff zusammenzudenken, der ja gerade auf die Entdeckung und Entzifferung der Natur angelegt war? Im Grunde geht es dabei um die Vollendung der Reformation. Damit wird der Stellenwert der Enzyklopädie bei Alsted klar: Es gilt, soviel als möglich so schnell als machbar zu lernen und andere zu lehren. Heilsgeschichtlich gesprochen, befindet man sich in der dritten Epoche: Nach Schöpfung und anschliessendem Fall, innerer Restitution durch Christi Handeln, harrt die Welt der äusseren Erlösung in der Vollendung der Reformation. So verbinden sich Enzyklopädie und Heilserwartung. Man könnte daher von einem Wissenschaftskonzept sprechen, das in seiner Hermeneutik spezifisch theologisch vorgeht. Die ganze Natur soll ihrer göttlichen Abkunft nach behandelt werden. Damit leuchtet ein, warum Alsted den vielen Teildisziplinen das Attribut sacrum zuordnet. Alsted war selbstredend nicht der einzige orthodoxe Gelehrte, der solche Gedanken pflegte. Aber wenn wir das zusammenzufassen versuchen, so sehen wir, dass hier der Versuch gewagt wurde, Heilsgeschehen im Kollektiv zu denken, ohne die traditionellen Glaubensartikel zu verwässern. Der Ort dieser Unterweisung waren die Hohen Schulen und Akademien, nicht die Universitäten.

    An die Grenze stiess dieses Wissenschaftskonzept, als die berechnete und erhoffte Parusie ausblieb, die Generalreformation nicht stattfand. Dies war - wissenschaftstheoretisch gesprochen - der Beginn der Moderne. Vielleicht darf man behaupten, dass dieses heilsgeschichtliche Konzept letztmals das ganze Wissen mit der Theologie amalgamierte, Millenarismus und Enzyklopädismus umspannte. Fiel dieses, im einzelnen oft analytische, im ganzen synthetische Vorgehen auseinander, musste Theologie und die weitere Wissenschaft einander neu zugeordnet werden.

    Wenden wir uns nun Comenius explizit zu. Es kann u.E. kein Zufall sein, dass gerade Comenius - in Verbindung mit dem englischen Baconismus - sich für die Gründung eines Wissenschaftscolleges in den Vierzigerjahren einsetzte. Ebenso mögen seine Verbindungen zu verschiedenen Höfen (es sei hier nur an die Verbindungen zum schwedischen Hof und an den Dienst für den Fürsten in Sarospatak erinnert) motiviert gewesen sein. Natürlich sind diese Kontakte historisch durch weitere, teils viel stärkere politische Ursachen bedingt. Aber die bestehenden Ähnlichkeiten sind dennoch auffallend. Dass auch Comenius ganz in der Tradition Alsteds und Sabundes von drei Büchern spricht, und dass sein Aufriss der Consultatio catholica ebenso Ähnlickeiten mit der Enzyklopädie Alsteds aufweisst, verstärkt diesen Eindruck. Die Betonung der historischen facta, die hintereinandergestellt und auseinander abgeleitet Wissenschaftsargumente ergeben, findet sich bei Comenius ebenso an prominentem Ort zu Beginn der Consultatio. Es ergibt sich also der Verdacht, dass Comenius tatsächlich in die Klasse der barocken Reformer eingeordnet werden kann.

    Wirft man einen Blick auf das herrschende Geschichtsverständnis der Zeit, so entdeckt man, dass die Heilserwartung zwar wie in der Reformationszeit gegewärtig ist, sich aber der Umgang mit dieser Erwartung abgewandelt hat. Konnte Luther Endzeiterwartung und Zwei-Reiche-Lehre zusammendenken und war sich Melanchthon, trotz seiner Berechnungen über den Zeitpunkt von Christi Erscheinen, über das Ruhen des Weltenlaufs in Gottes Hände im klaren, so verschob sich die Erwartung doch hin zu einer Hoffnung auf ein innerweltliches Reform- und Heilserlebnis. Auch dabei ist zu sagen, dass dies mit Sicherheit durch die politischen und gesellschaftlichen Krisen begünstigt wurde. Es geht hier allerdings nicht um die Reihe der spiritualistischen Phantasten, die, in Tradition der Joachimiten, Taboriten und Täufer bis zu den Vertretern des Calvinoturcismus im 17. Jahrhundert, das Kommen des neuen Reiches handfest beschleunigen wollten. Doch dass sich auch in gänzlich orthodoxen Verhältnissen die Angst vor dem Gericht zu Gunsten eines "freudigen Erwartens" verflüchtigte, ist historisch gesichert. Dabei tritt eine Reduktion ein, die man vielleicht als Wende zur Eindimensionalität beschreiben könnte. Die Dialektik von Welt und Gott wird aufgelöst, indem sich Gott in der Welt ereignet. Wissenschaftlich äussert sich dies in der Tatsache, dass der Begriff der Geschichte erstmals gedacht wird, der Prozess des Geschichtsverlaufes "metaphysisch objektiviert" wird. Bei Comenius finden wir nun aber trotz seines massiven Erwartens der Parusie keine solche Geschichtsverflachung. Im Gegenteil argumentiert er von einem gänzlich traditionellen Geschichtsverständnis aus. Vom allgemeinen hin zum einzelnen ist historia chronica, annales und diarium. Im speziellen Fall behandelt sie -aufsteigend vom Ort über die Erde- den Himmel und die ganze Welt in Gestalt der Topographia, geographia, uranographia und cosmographia. Wahrheitsgetreu listet der Historiker die Geschehnisse auf, und Comenius kann durchaus auch von einer applicatio der Geschichte sprechen, eine Geschichte, die nur antiquarisch funktioniert, ist leblos. Applicatio führt aber nicht zu einem wilden Aktivismus, sondern zur sollicitudo. Nur als Vermutung sei angeführt, dass die von Emidio Campi hervorgehobene in Futur ausgedehnte Gottesbezeichnung in die gleiche Richtung führt: Ein Gott, der nicht zu fassen ist in irdischen Kategorien, auf den hinzudeuten der Mensch sich nur erlauben kann, der letztlich aber souveräner Herr der Geschichte bleibt.

    Sucht man in den comenianischen Schriften nach dem Begriff der Praxis, dann wird man wohl zuerst in seinem aussergewöhnlich umfassenden Inhaltsverzeichnis der Consultatio, dem Lexikon pansophicum, nachschlagen müssen. Comenius definiert dort "Praxis" lapidar als scientiae usus et operatio. Nun ist dies aber weit weniger banal, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Es verbirgt sich hinter diesen für uns klaren Begriffen das Wissenschaftsschema des 17. Jahrhunderts. Operatio ist für Comenius dreifach definiert, wir würden das heute Produktionsprozess nennen: Planung , Durchführung und Bereitstellung zur Verwendung eines Produktes. Der usus hingegen ist die destinatae adhibitio rei, die wiederum dreifach gegliedert ist: ad efficiendum, conservandum et ad emendandum. In ontischen Kategorien lässt sich vom Usus sagen, dass er in ente mentali oder verbali vorkommt, mentalis ist er ein signum indicativum et memorativum, verbalis erfüllt er diese Funktion beim Gegenüber. Das heisst, Comenius hat weniger einen poietischen als einen auf den Sprach- und Sprechakt bezogenen Begriff von Usus. Auf diese Feststellung werden wir zurückkommen müssen. Versucht man dies in Beziehung zur Definition der Theologie im Lexikon reale pansophicum zu setzen, so sehen wir, dass der Theologe ein vir mysteriorum Dei rationes verbo et vita docens ist, die Verbindung von Wort und dem darauf bezogenen Leben, die dem Rang der Praxis in der Theologie der Zeit zu entsprechen scheint. Im Alterswerk Komenskýs, der späten Schrift Unum necessarium von 1668, die zwei Jahre vor seinem Tod erschien und die man als Zusammenfassung seiner Hauptmotive betrachten kann, erkennt man das Ziel christlicher Lebensgestaltung, Praxis: Die Bibel - gut reformatorisch -ist die praktische Grundlage, die dem Gläubigen anhand ihrer Beispiele und Bilder eröffnet, wie Gott und Mensch aufeinander bezogen sind. Sie zeigt, wie es gelingen kann, das Leben selbst zu finden, dabei den Charakter des Menschen und dessen Schlechtigkeit zu erkennen und so Gottes Gerechtigkeit zu erfahren. Es gilt, die praktische Methode des Bibellesens anzuwenden, um das Bessere zu suchen, das Leben selbst zu finden. Dies legt Comenius im folgenden aus und dabei stellen wir fest, dass es sich um ein höchst ausdifferenziertes hermeneutisches Prinzip handelt, das er den Lesern der heiligen Schrift ans Herz legt. Die Bibel als praktisches Buch handelt wie schon beschrieben von Gott und seinen abtrünnigen Geschöpfen. Der Mensch und seine Lage ist die gleiche wie seit jeher. Es ringt in ihm Gott und Satan, doch Gott hält sein wachsames Auge über jeden, der ihn sucht. Die ganze Schöpfungsgeschichte spiegelt sich in jedem einzelnen Menschen wieder. Wenn der Christ die Bibel liest, so liest er sich selbst; sie ist kein Buch, das ihn nichts angeht, sondern er erkennt sich darin wieder. Komenský kann durchaus den einzelnen auffordern, Gutes zu erstreben und die Gebote zu halten. Doch Richtpunkt dafür ist nicht allein eine papierene Gesetzlichkeit, sondern er erblickt in der Schrift den Anknüpfungspunkt von Gott und Mensch, weil die Schrift vom Heilshandeln berichtet: Wir sollen, so Comenius, im Lesen der Schrift Christi zu Füssen sitzen wie einst Maria, und uns dabei die praktische Methode Christi selbst aneignen, das heisst, letztlich die Wahrheit zu suchen und kein äusserliches Gepränge. Von Natur aus will der Mensch auch Christi nachfolgen und seine Methode übernehmen, doch wird er dabei vom Teufel gefangen und verführt, denn er lässt sich von eigenen Machtgelüsten leiten. Nur die Menschwerdung Gottes konnte diese Verkehrtheit des Menschen rückgängig machen: Ad hoc verbum (deus) in carnem descendit, ut caro, i.e. homo credens, per carnem in verbum ascendat: ut per naturalem filium unigenitum mulit efficiantur filii adoptivi. Non propter semetipsum verbum caro factum est, sed propter nos, qui nonnisi per verbi carnem potuissemus in Dei filios transmutari. Solu descendit, ut cum multis ascenderet: de hominibus faciens deos, qui de (seipso) Deo fecerat hominem. Was Comenius hierbei in Anlehnung an ein Zitat von Origenes formuliert, ist nichts anderes als die Verortung seiner praktischen Methode oder seiner Auffassung von theologischer Praxis: Sie ist eigentlich eine christologische Praxis, nicht nur auf das Heil des Gläubigen zentriert, sondern sie denkt dieses Heil nur von Christus, dem filius unigenitus, aus. Dies wird folgendermassen erläutert: Christus ist das vollkommene Vorbild des Glaubens, des Lebens und der Hoffnung. Dabei ist schon ausgeschlossen, dass es bei dieser Form von Glaubenspraxis um eine blosse imitatio Christi handeln kann. Quod scriptura varie alias exponit: ut mentem habere Christi; induere Christum, ambulare in Christo, non vivere iam sibi, sed Deo: imo non vivere amplius nos, sed Christum in nobis. Es geht Comenius also um die Dimension extra se in Christo, die Grund jeder Aussage über das Heil des Meschen und dessen Annahme in Gott ist. Das spricht er in der panorthosia deutlich aus. Darum kritisiert er die Theologen und die Schulmethoden an den Universitäten: Statt einer explicatio scripturarum per scripturas wird sie von Doktoren und Professoren (per Aristotelem et per Cartesium) ausgelegt, die darin lediglich ihren Verstand suchen: Cujus consequens est, ut theologia plerorumque facta sit mataeologia. Damit soll die Theologie gerade nicht zum Platz schwärmerischer Gedanken werden, sondern die restitutio et renascentia in Christo ist ein andauerndes Geschehen, das den permanenten Einsatz des Gläubigen fordert. Und doch sind die letztlich daraus hervorwachsenden Taten nichts anderes als ein minimaler Ausfluss dessen, was der Gerechtfertigte an Güte schon empfangen hat. Und ganz ähnlich, nur Jahrzehnte früher formulierte er dies in Labyrint svta. Dort heisst es, dass Christus den Menschen führt, leitet besitzt und liebt auch ohne dessen Wissen. Aber wenn der Mensch sich erst mit Christus vereinigt hat, d.h. sich diesem Geschehen bewusst wird, dann gehört er ganz Christo und alles was er tut, das tut er letztlich, um umso näher bei seinem Herrn zu sein, ob der Gläubige nun die Wissenschaften treibt oder ob er das Leben im allgemeinen meistert.

    Wenn Comenius kritisiert, dass nicht nur in den Theologenstuben philosophiert, sondern auch gehandelt werden soll, so korrespondiert das einerseits wohl mit dem neuscholastischen Bestreben, dem menschlichen Handeln einen genau bestimmten Ort zuzuweisen, bestimmt durch die Differenzierung zwischen göttlichem Handeln und menschlichem Tun. Andererseits wird aus dem Rückblick der Schrift Unum necessarium klar, dass Comenius weniger in den Kategorien einer klaren Systematik Wirklichkeit und damit auch die Glaubensgeschehnisse zu erfassen sucht, sondern umgekehrt die ganze Wirklichkeit unter der christologischen Prämisse, dass nur derjenige die Welt richtig versteht, der Gottes Heilshandeln erfährt, zu beschreiben sucht. Und darin eingeschlossen ist die Überzeugung, dass somit dieses Weltverständnis nicht folgenlos bleibt für die Welt, sondern dieselbe zum Guten verändert. Denn die Orthodoxie des Glaubens lässt ich nicht trennen von der Orthopraxie des Gläubigen. Schauen wir in die Praxis pietatis von Lewis Bayly, die Comenius 1630 selbst auf Tschechisch übersetzt erscheinen liess, so stellen wir zuerst fest, dass Bayly in protestantischer Tradition die Gotteserkenntnis an den Anfang stellt. Doch schon im ersten Satz verbindet Bayly die Gotteserkenntnis nicht mit dem Heilshandeln an uns, sondern mit der rechten Verehrung Gottes durch die Gläubigen. Gleichzeitig ist die Erkenntis des eigenen Elends und der eigenen Dürftigkeit zwingend, um Gott zu erkennen. Dieses sind die beiden Grundfeste der rechten Verehrung Gottes. Es ist hier nicht Platz noch Ort, die ganze Praxis pietatis zu beschreiben und ausführlich zu diskutieren. Für uns ist wichtig, dass dieses Buch, das - um mit K. Dietrich Pfister zu sprechen - den Ruhm Baylys begründete und das als eines der populärsten Erbauungsbücher galt, die orthodoxe Dogmatik sowohl im Aufriss als auch in der Durchführung der einzelnen Loci rezipierte, und aus dieser rechten Erkenntnis zu gewachsener, im Leben stehender Entsprechung anhielt.

    Diese orthopraktische Dimension bei Komenský hat u.E. möglicherweise noch einen anderen Bezugspunkt, zumindest eine Querbeziehung zur Gestalt von Wilhelm Amesius. Es ist richtig, dass es gerade bei Comenius schwierig ist zu unterscheiden, in welche Richtung Einfluss und Beeinflussung laufen, gerade hinsichtlich des englischen Puritanismus. Wahrscheinlich ist dies heute überhaupt nicht mehr eindeutig ausdifferenzierbar, und Einfluss stand in stetem Wechsel mit Beeinflussung. Trotzdem scheint mir Amesius in der comenianischen Historiographie zu wenig berücksichtigt zu werden. Dabei gibt es ein eindeutiges Zitat in Komenskýs Diarium. Einige kurze und unvollständige Vergleiche lassen aber erahnen, dass Comenius in Kontakt gekommen ist mit Ideen aus dem Umkreise des Professors aus Franeker und später Rotterdam. Ich meine damit nicht die das Jahrhundert bewegenden Disputationen bezüglich der Vorhersehung und ihrer Widersprüche. Doch Ames' Definition der Theologie zu Beginn seines Standardwerks, der Medulla theologica von 1627, die mit der berühmten Formel Theologia est doctrina Deo vivendi anfängt und im dritten Punkt ausdrücklich die Elemente sensus, observatio, experientia und inductio nennt, durch die uns die principia reliquarum artium zugänglich werden, gleicht tatsächlich Komenskýs Forderung nach der totalen Bestimmung des Gläubigen durch das Evangelium von Jesus Christus. Deo vivere heisst für Amesius zum einen den Willen Gottes und dessen Ehre zu achten. Zum anderen bedeutet es aber auch, sich der soteriologischen Dimension bewusst zu sein. Denn das so von Gott bestimmte Leben ist ein actus spiritualis totius hominis. Sein Bedürfnis, orthodoxia et pietas miteinander zu verbinden, ist sodann aus seiner Definition der theologischen Praxis ersehbar: Theologie ist praktisch, weil sie nicht spekulativ sein darf, denn sie unterscheidet sich gerade in diesem Punkt von den anderen Wissenschaften. Alles in der Theologie ist in Wahrheit auf das finis ultimus gerichtet und die Praxis ist diese Durchführung dahin, welche perfecte in theologia continetur. So lehrt Amesius eine der Theologie eng verbundene Orthopraxie und kann so von der Theologie als eine qeozoi/a vel qewrgi/a (!) sprechen. Diese Orthopraxie war konstitutiv mit Christus und seinem Heilshandeln verbunden. So schreibt er in der Vorrede von De conscientia et eius iure vel casibus (1630, deutsch 1654), Gott wohne in der Seele des Gläubigen und ist darum im existentialen Sinn "Stifter und Fürst des Lebens."

    Was wir aus dieser kurzen Gegenüberstellung schliessen können, ist die Feststellung, dass die orthopraktische Dimension bei Comenius nicht eine der Zeit untypische Form theologischen Denkens war und dass sie zumindest im reformierten Verständnis von Theologie ihre Querbeziehungen hatte. Ob und wie genauere Kontakte zwischen Wilhelm Amesius und Comenius bestanden haben, müsste genauer untersucht werden, ausschliessen kann man es u.E. nicht.

    Wessen hier nicht näher nachgegangen werden kann, ist die Tatsache, dass Comenius trotz seiner wissenschaftlichen Bildung, seiner wissenschaftlichen Interessen und Schriften und dem Betonen des theologischen Charakters seiner ganzen Tätigkeit die theologische Vergangenheit der Brüder gegen aussen verkürzt als rein auf den kirchlichen Vollzug gerichtet dargestellt hat und der mannigfaltigen theologischen Bildung der Böhmischen Brüder auf ihrem gut zweihundertjährigen Weg so nicht gerecht geworden ist, obwohl er sie trotzdem, wie Amedeo Molnár bewiesen hat, als fratres orthodoxi bezeichnete. Womit mag das zusammenhängen? Ein bescheidener Lösungsvorschlag wäre vielleicht aus dem zeitgenössischen Verständnis der Geschichte abzuleiten. Die Zeit der Vollendung ist nahe, die Vollendung der Reformation ist notwendig. Seine Kirche der Böhmischen Brüder verkörperte diese Idee: Theologisch auf hohem Niveau, aber dennoch nicht weltfremd einem sturen Akademismus huldigend, war sie der Zeit voraus. Diese Form der Praxis war also nicht eine Resignation, sondern im Gegenteil in Erwartung der Vollendung eine Vorwegnahme, wie Komenský in der Consultatio catholica zeigt. Nicht eine individualistische, sondern eine globale Praxis, basierend auf dem richigen Glauben. Nicht als Neuerer wollte Comenius auftreten, sondern allenfalls als Vollender derer, die das Werk schon längst in diesem Sinn begonnen hatten. Nur so könnte man verstehen, dass er die theologischen Leistungen seines Vorgängers Matthias ervenka und Jan Blahoslav nicht ausdrücklich erwähnte.

    Zusammenfassung und Vorbestimmung von Komenskys theologischem Denken


    Wir werden nun die bisherigen Erträge kurz zusammenfassen, um so das weitere Vorgehen in eine bestimmte Richtung zu lenken. Dabei ist allerdings festzuhalten, dass diese Erträge einen notgedrungen thetischen Charakter haben. Es sind Feststellungen, die in weit grösseren Zusammenhängen weiter untersucht werden müssten. In der folgenden genaueren Untersuchung soll das Ziel sein zu untersuchen, ob sich die Behauptung, dass uns in der Person von Johann Amos Comenius ein Repräsentant der späteren Orthodoxie gegenübersteht, der sowohl reformiertes als auch in beschränkterem Masse lutherisches Erbe aufgenommen hat, in seiner Lehre und seinem Verständnis von Jesus Christus halten lässt oder ob diese Behauptung revidiert, resp. neu formuliert werden müsste.

    Bisher lässt sich sagen, dass Komenský in wissenschaftstheoretischer Hinsicht ganz dem 17. Jahrhundert entspricht. Dies lässt sich beispielsweise sprachwissenschaftlich und linguistisch untersuchen, wie es Wolf Peter Klein getan hat. Seiner Untersuchung liegt in erster Linie der christlich-neuplatonische Literaturfundus der frühen Neuzeit zugrunde, und Comenius erscheint, vereinfachend gesagt, als die letzte Stufe frühneuzeitlicher Hoffnung, die babylonische Sprachverwirrrung durch ein Sprachkonzept aufzuheben, das zwar eine Gesamtsprache entwickelt und dennoch gleichzeitig weiss, dass dieser eschatologische Zustand nur durch eine völlige Umstülpung aller menschlichen Verhältnisse erreichbar wäre. Zwar treten bei Comenius neue und in gewisser Weise pädagogisch revolutionäre Ideen hervor, doch ist er weit von einer innerweltlichen Theorie der Erziehung entfernt, und seine Sprachüberlegungen stehen im Kontext der emendatio aller Dinge. Gleiches gilt es von der philosophiegeschichtlichen Stellung Komenksýs zu sagen. Er trift sich mit den Positionen der Aristoteles-Kritiker Arndt und Andreae, ohne deswegen Metaphysik und Wissenschaften grundsätzlich zu verwerfen. Seine Kritik am bestehenden Schulwesen, an der fehlenden "Praxisdimension" für das Leben, entspricht den oben gemachten Ausführungen zum Verständnis der Praxis: Nicht nur, dass es gilt, alles zu üben, bevor man es beherrscht (darin sich ein Handwerkerslehrling und ein Jüngling gleich sind), sondern dahinter steht die Überzeugung, dass es hinter die Dinge zu blicken gilt, wenn dieser Blick nicht gewaltsam verstellt wird: Necesse est claro veritatissole orto infinitarum opiniorum nebulas ultro evanescere . [....] Denique ubi ratio quoque hiat, revelatio divina succurrat.

    Was den theologischen Hintergrund Komenskýs anbelangt, so haben wir gesehen, dass es nicht nur verbindende Züge im enzyklopädischen Aufriss des Werkes von Johann Heinrich Alsted und Comenius gibt, sondern dass das ihnen zugrundeliegende Verständnis von Geschichte, Heilsgeschichte und der zur Vollendung zu bringenden Reformation das gleiche ist. Gleiches gilt es für das damit eingeschlossene millenaristische Denken zu sagen. Johann Coccejus, dem die Charakterisierung als Orthodoxen abzusprechen wohl niemandem in den Sinn käme, war selbst einer der ersten Theologen, die chiliastisch-millenaristische Züge innerhalb der Föderaltheologie entwickelten, und zudem mit Comenius gut bekannt. Ebenso verhällt es sich mit dem Verständnis der Praxis, dass gemäss der orthodoxen Auffassung der praxis pietatis nicht den modernen poietischen Charakter aufweist, sondern die Dimension der Existenz des vom Wort Gottes betroffenen und geheiligten Menschen miteinbezieht. Wir haben das an der zeitgenössischen Frömmigkeit kurz angetönt. Comenius teilt dieses Praxisverständnis voll und ganz und dehnt diese Auffassung in seinem pansophisch-enzyklopädischen Werk sogar aus auf die weiteren Wissenschaften und letztlich auf das gesamte Leben. Damit hebt er den Praxisbegriff nicht auf, sondern überträgt ihn vom Einzelnen auf das Ganze. Angelpunkt seines ganzen Weltverständnisses ist Gott und dessen Heilshandeln in Christus. Dies ist jedoch eine fundamental andere Prämisse, als wenn sich im Individuum das Ganze konzentrieren würde. Orthodoxe Pietät statt pietistischer Frömmigkeit durchzieht das Werk von Comenius.

    Die Korrespondenz und zeitgenössische Urteile vervollständigen dieses Bild. Dass er sich selbst als orthodoxen Theologen verstanden hat, ist bekannt. Ebenso, dass er dies für die Unität beanspruchte und in dieser Form auch in Kontakt mit den Bruderkirchen getreten war, namentlich mit Johann Jakob Breitinger, Teilnehmer an der Dordrechter Synode und Antistes der Zürcher Kirche. Aber Comenius war auch im Urteil dritter als rechtgläubiger Theologe anerkannt und Johannes Hoornbeek, der grosse Leidener Gelehrte und Schüler Voetius', nennt Komenský ausdrücklich seinen alten und verehrungswürdigen Freund. Dass Comenius gänzlich in die orthdoxe Gelehrtenwelt der Niederlande integriert war, zeigt sich auch daran, dass, trotz den widerlichen Schmähschriften der Sozianer und den Streitereien zwischen ihm und Samuel Maresius, bei denen es nicht nur um theologische Fragen wie den Chiliasmus und dessen Betonung ging, sondern wohl zumindest teilweise auch um Rang und Position, weder Comenius selbst noch der Unität Glaubensverfehlungen vorgeworfen wurden und nur Maresius in seinem Antirrheticus Comenius mit dem Wiedertäufer und Schwärmer Knipperdollinck verglich. Im weiteren haben wir mögliche Verbindungen zwischen Comenius und Wilhelm Amesius aufgezeigt. Dies stützt die bisherige Einordnung.

    Zu guter Letzt ein Rückverweis vom Schluss des Jahrhunderts: Der reformierte Pierre Bayle, den mehr als nur ein Generationenunterschied von Comenius trennt, und der ihn in seinem Dictionnaire historique nur mehr ironisch als Zeugen einer vergangenen Epoche verstehen kann, hat zumindest mit der Einschätzung der Gefahren, denen Komenský ausgesetzt war, recht und hebt mindestens dessen protestantische Herkunft hervor. Aber gerade dass für Bayle Comenius 'unzeitgemäss' ist, bestätigt dessen Zugehörigkeit zu einem bestimmten Teil der protestantischen Orthodoxie.

    Die Christologie von Johan Amos Comenius

    Fortunate senex, veri novus incola mundi,

    Quem pictum nobis iam cura dedit:

    Seu res humanas insanaque iurgia liber

    Despicis, aut nostris usque movere malis;

    Sive apicem rerum et coeli secreta tuenti,

    Interdicta solo, nunc data Pansophiae;

    Spem ne pone tuam: superant tua carmina mortem,

    Sparsaque non vane semina cepit humus.

    Posteritas non sera metet, iam messis in herba est,

    Articulos norunt fata tenere suos.

    Paulatim natura patet, felicibus, una,

    Si modo conatus iungimus, esse licet.

    Tempus erit, quo te, Comeni, turba bonorum,

    Factaque, spesque tuas, vota quoque ipsa colet.

    G. W. Leibniz, In Johannem Amosum Comenium


    Wir haben in den vorherigen Kapiteln postuliert, dass die Christologie Angelpunkt und Zentrum sowohl der Theologie als auch aller anderen Wissenschaften im Denken Komenskýs ist. Darum wenden wir uns nun den Aussagen über Christus zu. Zu Beginn gehen wir kurz auf die Äusserungen im Lexikon pansophicum ein und werden anschliessend die antisozinianischen Schriften konsultieren. Warum gerade die antisozinianischen Schriften? Dazu sind zwei Dinge vorweg festzuhalten. Erstens bildet die Auseinandersetzung mit antitrinitarischen und sozinianischen Gruppierungen so etwas wie ein roter Faden im Leben Komenskýs. Schon zu Schulzeiten in Perov hatte er zwischen 1608 und 1611 Kontakt mit Anhängern des Rakower Katechsimus. Die Auseinandersetzung mit diesem antitrinitarischen und arianischen Ideengut hielt Comenius ein Leben lang in Atem. Dass der sonst als Ireniker bekannte Mähre sich auf solche Auseinandersetzung einliess, deutet darauf hin, dass er als Theologe die Gefährlichkeit solcher Lehre, die in quasi modernem, teils rationalistischen Gewand und nur allzuhäufig von obersten Schichten unterstützt, daherkam, erkannte. Leider haben wir hier nicht Raum noch Zeit, diese Ansätze genauer darzustellen und im Lauf der Jahrhunderte zu verfolgen. Erwin Schadel hat als Herausgeber die Stellung der antisozinianischen Streitschriften hervorragend dargestellt und die Schriften ediert.

    Im Lexikon pansophicum beginnt der Artikel über Christus mit der Aussage: "Christus summum et ultimum participium Deus-Homo, mediator inter Deum et Hominem." Christus stellt die Verbindung zwischen Gott und Mensch her, ist als Mittler dieselbe und beendet diese auch. Interessanterweise kommt Comenius in diesem Artikel sofort auf Apk. 1,8,17f. zu sprechen und definiert Christus als Anfang und Ende der Welt, als to\ pa=n.. Dabei setzt er doch mit zwei christologischen Aussagen ein, die nicht typischer sein könnten, nämlich mit den zusammenfassenden Begriffen der Lehre von der Person und vom Amt Christi: Christus als Gottmensch und Mittler. Aber er führt dies nicht weiter aus. Statt dessen erfolgt eine lange Reihe von Gegensätzen, die Christus in sich vereinigt, erster und letzter, tot und lebendig usw.

    Ebenso erstaunt zunächst, dass der Artikel de christo 20 Zeilen umfasst, derjenige de christiano hingegen 36. Woran mag das liegen? Erstens gilt es, den enzyklopädischen Aufbau der ganzen Consultatio zu berücksichtigen, in der auch das Lexikon pansophicum eingereiht ist. Es sind darin diejenigen Artikel erwähnt quae sciri possunt ac debent, und das heisst, die es hinsichtlich der bald erwarteten Parusie zu wissen gilt und die zumindest für die Veränderung und Verbesserung der Welt notwendig sind. Zweitens liegt es dadurch auf der Hand, dass Comenius, dem ansonsten Definitionen viel bedeuten, in diesem -man möchte fast sagen prozesshaften- Zusammenhang keine zwar dogmatisch richtige, aber in Gestalt von lexikalischen Einträgen starre Formulierung des Heilsgeschehens und der Bedeutung von Christus geben will. So finden sich weitere wichtige Aussagen im Artikel De christiano. Denn der Christ ist homo per Christum deificandus, und dieses Geschehen strukturiert Comenius in drei Teile: Terminus a quo, ad quem und per quem. "Terminus per quem est Christus, qea/nqrwpov, extrema illa in se iungens, et per seipsum adunans," formuliert er am Anfang des Artikels. Dabei fallen die Begriffe terminus und qea/nqrwpov auf. Während der letztere schon beinahe in gewohnter Weise auf das christologische Mysterium hinweist, ist die Verwendung des ersten interessant. Deutet er wohl auf die Lehre von der Idiomenkommunikation wie bei Amesius hin? Comenius scheint hier allerdings eher die allgemeinere Bedeutung im Sinne von Grenze zu meinen. Dem entspricht seine Erklärung unter dem Stichwort terminus. Und trotzdem mag es mehr als eine zufällige Wortwahl sein.

    Im weiteren zeichnet sich Christus aus, dass er, von Natur aus Gott, sich mit der menschlichen Natur so verband, dass er die Schuld des Menschen (culpa ruptae dependentiae) abbüsste, indem er "rupturam ipsam per reductionem iustitiae aeternae reparavit" und uns lehrt, sich unter die mächtige Hand Gottes zu werfen. Gleichzeitig gab er uns den Heiligen Geist, der uns wieder als Söhne Gottes einsetzt. Dreifach kann Comenius daher die iunctio und Rechtfertigung beschreiben: Erstens durch den Anteil an Christus, den der Mensch im Glauben erwirbt, zweitens durch Gott Vater, indem man ihm durch Gehorsamsunterwerfung die ewige Gerechtigkeit rückerstattet, und drittens durch den heiligen Geist, der uns in unserem Herzen per Spiritum adoptionis mit Gott verbindet.

    An diesen kurzen Sätzen lässt sich natürlich noch keine ganze Christologie ablesen, das würde Sinn und Anspruch des Lexikons verfehlen. Was man aber unschwer erkennen kann, das sind die Schlaglichter, die Comenius auf diese wichtigen theologischen Fragen wirft: Es geht ihm nicht so sehr um begriffliche Auseinandersetzung. Er verwendet traditionelle Begriffe, aber differenziert diese nicht genauer aus, sondern will die Dimension für den Gläubigen erörtern. Darum ist im Lexikon pansophicum nicht Christus lange erklärt, sondern was das für den Christen heisst. Wir würden heute dies vielleicht so formulieren, dass ihn nicht so sehr die Form interessierte, sondern in erster Linie der Inhalt.

    Trotzdem sind einige der wichtigsten Punkte erwähnt und durchwegs in traditioneller Form und Begrifflichkeit angetönt. Für Komenský bekommt die soteriologische Dimension besonderes Gewicht. Dies wollen wir festhalten und gehen einen Schritt weiter.

    De persona Christi

    Christus secunda persona trinitatis


    Wenn wir in den antisozinianischen Schriften nach der Bezeichnung für Christus als der zweiten Person der Trinität suchen, dann fallen uns folgende Stellen und Formulierungen auf: In De Christianorum uno Deo, der confessiuncula, kommt Comenius im Aphorismus 29 auf die Unterscheidung der drei Personen der Trinität zu sprechen. Gott ist in drei Personen, die sowohl nach aussen Dabei zieht er den Begriff persona in Anlehnung an Augustin dem griechischen Begriff der hypostasis vor. Der ganzen altkirchlichen Diskussion um die Begriffsverwendung stellt Comenius voran: Magna prorsus inopia humanum laborat eloquium. Dicitum tamen est tres personae, non ut illud diceretur, sed ne taceretur. Durch alle drei wird der Name Gottes angerufen, alle drei wirken nach aussen und was einer der drei Personen zugedacht wird, das kann auch für die anderen ausgesagt werden: So beispielsweise subsistere, intelligere, velle, loqui, mandare etc. Ihm sind die gleichen Wesensmerkmale wie dem Vater eigen: aeternitas, omnipotentia und gloria. Darum gebührt ihm auch die gleiche Verehrung in der Gestalt von hymnus, votum et adoratio. In der Praefatio ad lectorem von De Christianorum wird mit johanneischem Beispiel das Handeln Christi als vom Vater ausgesandter Sohn im ersten Satz vorangestellt. Die Schrift bestätigt seine von alters her beschlossenen und geweissagte actus ad extram. Ja es ist gerade die officialis proprietas, dass dem Sohn die Eigenschaft des missus ad humanum genus innerhalb der trinitarischen Personen, so diese auch nach ihren opera ad extra unterschieden werden, zukommt.

    In gleicher Weise äusserte sich Comenius im Vorwort der kleinen Schrift "Über die Frage, ob Christus aus eigenem Verdienst von den Toten hätte auferstehen können", einer Antwort auf den Sozinianer Melchior Scheffer aus dem gleichen Jahr 1659. Diese Frage wurde nicht nur von sozinianischen Kreisen benutzt, um damit die Göttlichkeit Christi zu bestreiten. Im weiteren Sinnzusammenhang tangiert diese nämlich die zentrale Frage der satisfactio und den Streit um die obedientia Christi. Comenius hat das klar gesehen und schreibt daher im erwähnten Vorwort, dass hierbei das fundamentum fidei Christum Jesum im allgemeinen und die doctrina de persona et officio eius im besonderen betroffen sind, resp. bei den angeklagten Sozinianern ins Gegenteil verkehrt werden. Die göttliche Natur und das priesterliche Amt Christi werden weggeschnitten. Die Rückweisung dieser häretischen These gliedert Comenius in vier Argumentationsgänge. Der erste operiert mit Hilfe der heiligen Schrift und weist in sich zwei Stossrichtungen auf. Die erste beweist durch Schriftzitate die Göttlichkeit Jesu, indem sie in diesem Fall seine unbedingte und ihm von Gott Vater unbeschränkt übertragene Macht nachweist. Die Form der Argumentation sowie der Begriff der virtus im Titel der Streitschrift verweist einerseits direkt auf die Gottes- und Trinitätslehre. Und dies hängt ebenso direkt mit der soteriologischen Christologie zusammen. Denn nur wenn die zweite Person der Trinität ganz Mensch wird, ist eine Versöhnung überhaupt möglich. Aber umgekehrt ist ebenso klar, dass dies die zweite Person der Trinität sein muss, die die Inkarnation ermöglicht.

    Die zweite Stossrichtung erweist die Göttlichkeit e contrario. Aus freiem Erwägen hat Jesus seine Macht Gott übertragen und gerade dadurch erlangt: Ego depono eam per meipsum: potestatem habeo ponendi eam, et potestatem habeo sumendi eam (nach Joh. 10,15-18). Komenský greift hier einen Begriff auf, der uns eigentlich in das nächste Kapitel weist. Die Kenosis, die Entäusserung Gottes in der Inkarnation Jesu Christi von seiner ganzen Macht weist voraus auf die Diskussion der Naturen und ihres Zusammenhangs. Dennoch sieht man an der Struktur der ersten Antwort auf Melchior Scheffer, dass Comenius ganz traditionell argumentiert: Als Voraussetzung des ganzen Versöhnungshandeln gilt, dass Gott Mensch wird, d.h. dass er ganz Mensch wird. Comenius schreibt: Nempe quia de nullo hominu dici postest quod de Christo, quod sit icarnatus (seu incarne manifestus) Deus; quod sit verus Deus et vita aeterna, ideoque vitam habeat in seipso, tanquam fons unde alii vitam hauriant: ut de Christo iam demonstartum est. Und es ist gewiss kein Zufall, dass die beiden letzten Schriftzitate dieses ersten Kapitels des Antwortschreibens das Bekenntnis des Hauptmann aus der Passionsperikope nach Markus und der satisfaktorische Vers aus Hebräer 2,14. Es entspricht der Methode, dass das Ziel der Menschwerdung und also der Einigung der Naturen in Christo die Erlösung ist. Damit wird aber bereits nach diesem ersten Argumentationsgang und den zuvor erwähnten Stellen klar, dass Comenius die Frage nach der zweiten Person der Trinität nicht allein als Locus behandeln will, sondern dass er -in der Betonung ähnlich Calvin- auf die Diskussion der Naturen in Christo hinzielt.

    Der zweite Argumentationsgang argumentiert mit dem Begriff der Ehre (honor et gloria). Daraus könnten wir einen Bezug zur Lehre von der Versöhnung hören. Doch darauf werde ich später eingehen. Hier geht es uns um die Frage, inwieweit in diesem Kapitel Jesus Christus als zweite Person der Trinität angesprochen, resp. verteidigt wird. Es geht Comenius darum zu zeigen, dass die Ehre Gottes durch die Göttlichkeit Jesu nicht verringert, sondern im Gegenteil gefestigt wird. Fünf Einwände gilt des demnach abzuwenden.

    Erstens wendet er auf die Antitrinitarier ein Schriftargument an und zeigt, dass die Leugner von Jesu Göttlichkeit denselben Fehler begehen, wie die Juden, die Jesus der Blasphemie anklagten.

    Zweitens weist er darauf hin, dass an der Göttlichkeit Jesu nach Paulus die Gerechtigkeit und die Rechtfertigung aus der Gnade Gottes hängt. Darauf werden wir noch eingehen.

    Drittens ist die sozinianische Behauptung, dass die Erweckung Christi nur ein Zeichen der Mächtigkeit Gottes war -ähnlich der Erweckung des Lazarus- schrifttheologisch nicht haltbar Unde demonstrabit? ubi scriptum est? Im Gegenteil: Der Vater suchte die Ehre des Sohnes wieder herzustellen (sic!), denn gerade dadurch wurde er zum Gottessohn.

    Viertens wird die Ehre (und darunter ist theologisch immer die Haltung des Menschen in concreto gegenüber Gott im Sinne einer Verehrung zu verstehen und weniger im Sinne einer Ehre, die in abstracto über Gott ausgesagt wird) nicht -procaciter- von Gott auf etwas anderes übertragen, wenn Christus verehrt wird. Denn wohl ist Christus eine zweite Person, doch ist ihr alles übertragen und Christus wird bekennt als eines mit dem Vater: Ego et Pater unum sumus. Omnia fieri pro gloria Dei, ut per eam glorificetur Filius (Joh 10,30). So kann Comenius, ausgehend von diesem Bekenntnis -Deus de Deo-, den Vorwurf Scheffers gerade gegen ihn selbst umkehren und in orthodoxer Art diejenige Position verurteilen, die aus Christus etwas anderes macht, als was er ist. Gerade so wird in schlimmster Art Gott die Ehre entzogen.

    Fünftens schliesst Komenský, dass Christus sich denen zu erkennen gibt, die ihn annehmen, da der heilige Geist sich ihnen mitteilt. Jede Lehre, die Christus und somit auch Gott-Vater die Ehre verweigert, kann nicht vom Geist beseelt sein. So schliesst Comenius mit dem Satz, dass die so beschaffene sozinianische Auffassung Christus herabsetzt und die Ehre des Vaters verneint. Gleichzeitig sehen wir daraus, dass die göttliche Essenz in Christus das zentrale und unaufgebbare Fundament des Verständnisses von Jesus Christus ist. Es wäre zuviel gesagt, wollte man aus dieser Stelle auch die explizite Unterstützung des filioque erwarten. Trotzdem lässt diese Passage dem Leser klar werden, dass der vordergründig schwer vertstehbare Wirkungskreis des Geistes hier in einem hermeneutisch wichtigen Zusammenhang erscheint: Diejenige doctrina christiana ist theologisch im Recht, die die lebenspendene Kraft weiterzugeben weiss. Es ist dies die konsequente Weiterführung des Grundsatzes und des Kriteriums von Schrift und Geist, das hier als Merkmal für die Qualität einer theologischen Meinung, und das heisst letztlich für die Wahrheit, gebraucht wird.

    Der dritte Argumentationsgang handelt explizit von den Naturen in Christus. Wir werden ihn darum unten eingehend behandeln. So schreiten wir direkt zum vierten und letzten Argumentationsgang. Melchior Scheffer führt die Göttlichkeit Jesu ad absurdum, indem dieselbige gerade zur Folge habe, dass der Mensch sich keine Hoffnung auf Auferstehung machen könne. Denn ist Jesus Gott gewesen, hat er sich Kraft der ihm gegebenen Fähigkeiten selbst erlöst. Komenský weist dies zurück und appeliert sogleich wieder an die Rolle der Menschwerdung für die Erlösung. Auch darauf werden wir weiter eingehen. Hierbei sei nur noch vermerkt, dass Comenius neben seiner sachlichen Argumentation sogleich eine lange Reihe von mit Schriftzitaten belegten theologischen Aussagen folgen lässt. Diejenigen müssen wir dabei erwähnen, die das Verständnis von Christus als der zweiten Person der Trinität und nicht nur seine Göttlichkeit klar belegen: Christus ist vom Vater unterschieden, um als eigene Person den actus der Versöhnung und Erlösung für die Menschen durchführen zu können. Christus ist von Anfang an von und bei Gott, durch ihn ist alles, was ist. In ihm ist Leben und Licht aller Menschen. Er ist von gleicher forma wie Gott, ihm gleich und trotzdem in sich selbst beständig. Anschliessend an die Conclusio führt Comenius vier zusätzliche Zitate an, die ihn bestärken mögen, dass zwar Christus von göttlicher Natur und selbst Gott gewesen ist, er aber dennoch nur durch die Beziehung zu Gott-Vater von den Toten auferweckt werden konnte. In dieser Reihenfolge nennt er Augustin, Vermigli, Calvin und Gerhard. Ihr Glauben und Denken lässt diejenigen gloriosa solatia hervortreten, aus denen die christiani orthodoxi schöpfen können, zu denen er sich unzweifelhaft selber zählt. Wir stellen zusammenfassend fest, dass Comenius den Sohn Gottes als zweite Person der Trinität in traditioneller Form und Begrifflichkeit gelehrt und geglaubt hat und ihn deutlich in altkirchlicher Art und Weise die Inkarnation der zweiten Person als Fundament von Gottes Heilshandeln am Menschen verstanden hat.

    Duae naturae in una persona

    In diesem Kapitel wollen wir uns die Frage stellen, ob und wieweit Comenius von zwei Naturen in Jesus Christus spricht und wie er diese Aussagen formuliert. Die Frage nach den zwei Naturen ist nicht nur für den Streit mit den Antitrinitariern von grundlegender Bedeutung, sondern überhaupt: Distinctionem duarum naturarum in Christo esse totius disputationis fundamentum (NB). 1660 erschien unter dem Titel De irenico irenicorum die Entgegnung Komenskýs auf ein Werk von Daniel Zwicker, das dieser 1658 als Irenicum irenicorum erscheinen liess. Frage für Frage wird darin die Position von Zwicker widerlegt. Dem Argument, dass, wer geboren wird, lebt und stirbt und aufersteht, Mensch und nicht Gott ist, setzt Comenius entgegen, dass bei Christus nicht nur per rationem gesprochen wird, sondern dass die Inkarnation paradoxa carni beinhaltet. Zwar ist es richtig, dass die menschliche Natur Christi im allgemeinen der Gottheit widerspricht: Qui est factus ex semine David, ille non est Deus [...] und qui est Davidis filius, is non est Davidis Dominus. Wer sich aber auf die Schrift einlässt, der entdeckt etwas Zusätzliches. Denn Christus stammt aus dem Samen Davids nach dem Fleisch, und trotzdem wird er nach dem Geist als Sohn Gottes bekannt. Und obwohl er aus gleichem Fleisch wie die Väter besteht, ist er der über allen Dingen gepriesene Herr. Christus ist uns consubstantialis, und dennoch widerspricht das nicht seiner göttlichen Natur. Das versucht Comenius auf den vielen weiteren Seiten Zwicker zu erläutern und im Vertrauen darauf, dass diese Paradoxa aus der Schrift selbst stammen, kann er sie bewusst vergrössern. Die Schrift spricht nämlich von Christus als filius hominis et filius Dei, von der einen Natur, in die er geboren wurde bis mille annis post Abraham, qui tamen fuit ante Abraham. Christus war auf der Erde und gleichzeitig auch im Himmel. Weil die Schrift von zwei Naturen in Christus spricht, so ist es nötig, dass die Rechtgläubigen sich dieser Sprechweise bedienen. Wer sich nicht der Sprache der Schrift bedient, sondern diese Geheimnisse sapientia sc. philosophia, also per rationem, erklären will, der gilt mit Cyprians Worten als Abtrünniger. Wir haben oben gesagt, dass Comenius mit Hilfe des Geistes die Wirklichkeit von Jesu Göttlichkeit behauptet und dass er offensichtlich hierbei Geist als eine manifestante Form versteht, die dem Gläubigen mitgeteilt wird. Das hindert ihn jedoch nicht daran, die beiden Naturen in Christo denkerisch zu veranschaulichen. Er bedient sich dabei des aristotelischen Bildes von Form und Materie. Allerdings hat dies nicht so sehr die Gültigkeit einer ontologischen Kategorie, sondern es geht ihm dabei viel eher um die eigentümliche Sprechweise, man könnte diese wohl auch metaphorisch nennen. Christus nahm die menschliche Natur an: Filius Dei humanam assumsit naturam. Christus est Deus et homo. Trotzdem kann man nicht von einer Identität zwischen Gottheit und Menschheit sprechen. Ebensowenig von einer Identität von Gott und Mensch. Zwar ist die Annahme (assumptio) der menschlichen Natur zeitlich nicht beschränkt, sondern sie dauert ewig an (est perpetuum). Christus ist demnach ur-sprünglich Gott, vor Anfang aller Zeiten -eben essentialiter-: nempe lo/gov qui a principio fuit apud Deum, et ipse Deus. Dieser Gott ist also gleichzeitig Mensch. Was Komenský hier so umständlich ausdrücken will, ist die anhypostatische Einigung, die carentia propriae subsistentiae. Jesus Christus ist zwar Mensch geworden und hat das gleiche Wesen wie wir (ausgenommen der Sünde und die Weise der Subsistenz), doch die menschliche Natur ist gänzlich von der göttlichen abhängig, west in ihr. Dazu verwendet Comenius die Gegensatzpaare von non infinitum et tamen infinitum, non immortalem et tamen immortalem. Daran sieht man schön, dass die menschliche Natur enhypostatisch in der göttlichen subsistiert, resp. eben nicht subsistiert. Wie die griechische An-Hypostasis spricht Comenius von der Non-Immortalitas. Er kann also im Prinzip von den menschlichen essentiales proprietales nur via negationis sprechen. Jesus unterschied sich in der menschlichen Natur nur durch seine Sündlosigkeit von uns. Er selbst kannte die Sünde nicht, sondern wurde für uns zur Sünde, wie Comenius in Anlehnung an 2Kor 5,12 formuliert. Und trotzdem ist er wahrer Mensch, von Maria geboren, Deus existens in homine. Geschaffen nach der menschlichen Natur, nicht geschaffen nach der göttlichen Natur, sondern gezeugt vor aller Zeit als Gottes Wort. Christus selbst ist vor allem und darum ruht alles in ihm. Und vehement wehrt sich Komenský gegen den hinterhältigen Versuch, auf logischem Weg Christi Menschheit als "essentia prima et sola" bestimmen. Zwicker behauptet, dass im Apostolicum die Aussage filius Dei, conceptus a spiritu sancto natus ex Maria virgine vom Subjekt Jesus Christus Homo prädiziert werde. Der Antitrinitarier würde also formulieren: Credo in Jesum Christum hominem. Das der ganzen Christenheit bekannte Glaubenssymbol lautet jedoch auf Jesum Christum Filium Dei unigenitum. Die Prädikate werden von diesem eingeborenen Jesus Christus ausgesagt, nämlich conceptus est a spiritu sancto, natus e virgine.

    In der Clausula irenici, am Schluss seiner Entgegnung auf Zwicker, fasst Comenius in wenigen Sätzen zusammen, was alles nicht gelehrt werden darf. Interessant ist dabei, dass sich Comenius gegen christologische Extrema auf beiden Seiten wendet. Er lehnt bekannterweise den Arianismus ab (und meint damit die zeitgenössischen Antitrinitarier). Gleichzeitig wendet er sich gegen den radikalem Monarchianismus, dargestellt an der Person des Photinus. Er wendet sich gegen den Nestorianismus, der zwei Söhne postuliert und bei zwei Naturen und also zwei Personen bleibt, die letztlich unverbunden sind, aber auch gegen den Eutychianismus, der wohl von zwei Naturen spricht, diese jedoch trotzdem so eng verschlingen lässt, dass nur noch von einer vermischten Natur gesprochen wird. Daraus sehen wir, dass Comenius hinsichtlich der symbola fidei traditionell chalecedonensisch denkt. Wir müssen dieses Bild natürlich noch weiter vervollständigen. Andererseits können wir aber auch feststellen, dass Comenius ein ziemlich genaues Bild der christologischen Traditionsbildung hatte. Das meint nicht so sehr den zeitlichen und inhaltlichen Ablauf, sondern vielmehr die innere Dynamik, die jedem Denken innewohnt, das sich der komplexen Materie um Christus nähern will. Zeigen kann man das beispielsweise an der Nähe, die zwischen vordergründig so entgegengesetzten Positionen wie dem Arianismus und dem radikalen Monarchianismus auftritt. Wird die Frage nach Christi Natur entschieden gestellt, so fällt nämlich bei beiden Positionen auf, dass sie der menschlichen Natur nicht gerecht werden: Der Arianismus lehnt durch die übersteigerte Subordination die Göttlichkeit des Menschen Jesus ab, der Monarchianismus (man müsste in dieser Form eher von einem Modalismus -oder wie Komenský von Marcioniten- sprechen) reduziert die Menschheit auf eine Hülle. Bei beiden Spielformen wird aber letztlich die Inkarnation in Frage gestellt und damit die entschiedenste Motivation der Menschwerdung, die Erlösung des Menschen, tangiert.

    Wir glauben gezeigt zu haben, dass Komenskýs Verständnis von Christus als dem Gott-Menschen in zwei Naturen deutlich geworden ist. Zwei auffallende Umstände müssen indes noch beschrieben werden. Zum einen ist es interessant, wie viele altkirchliche Zitate Comenius in der Auseinandersetzung mit Melchior Scheffer, Daniel Zwicker und den sozinianischen Gruppierungen verwendet. Damit meinen wir nicht die zahllosen Schriftzitate, die er einerseits als Lehrgrundlage, andererseits auch als Formulierungshilfen verwendet. Das wörtliche Zitieren von Kirchenvätern ist bemerkenswert und zeigt den patristisch-reformatorischen Hintergrund von Komenský. Um nur einige wenige aufzuführen: Der Hirt des Hermas, Clemens von Rom, Ignatius, Polycarp, Justin, Tertullian, Tatian, Athenagoras, Theophilus, und das apostolische Symbol. Diese wurden von Daniel Zwicker ins Feld geführt, indem er behauptete, dass der Teufel schon in den ersten zweihundert Jahren die doctores ecclesiae verführte und sie dazu brachte, Christus dem Vater gleich beizustellen. Comenius widerlegt nun das Urteil Zwickers, indem er auf jeden der zehn ersten Kirchenväter plenissime eingeht. Nachdem er kurz zuvor die traditio stolida verworfen hatte, beweist er nun die Rechtgläubigkeit der ersten Jahrhunderte. Und wenige Seiten vorher argumentiert Comenius gegen die phantasia erecta contra Christum Deum von Zwicker, indem er dessen von Cyrill entlehnte Worte mit Hilarius zurechtrückt: Wo Christus spricht, da ist der Vater über ihm. Denn der Gottessohn hat den Vater 'vor' sich. Doch ist dieses ante se nicht zeitlich zu verstehen, sondern als Audruck über die Herkunft des Sohnes. Und wo sich der Sohn Gottes am Tag des letzten Gerichts zeigen wird, da wird das Zeugnis der zwei Naturen in Christus offenbar werden. Denn Christus weiss seiner menschlichen Natur nach nicht, wann dieses letzte Gericht eintritt, seiner göttlichen Natur nach weiss er dies sehr wohl: Scivit ergo et ignoravit Filius Dei extremum diem: Scivit ut Deus ignoravit ut Homo. Aber nicht nur in De Iterato beruft er sich bewusst auf diese altkirchlichen Quellen, sondern er nennt auch schon in De Quaestione von 1559 Athanasius und in De Uno die Graeci rechtgläubige Vorgänger.

    Die zweite Besonderheit ist die starke Betonung der zwei Naturen und die relativ geringe Anzahl von Stellen, die die Einheit der Naturen beschreiben. Natürlich werden wir im nächsten Kapitel diesen Umstand noch weiter untersuchen müssen. Dennoch drängt sich hier bereits der Verdacht auf, dass dies mit der calvinistischen Tradition Komenskýs zusammenhängen könnte. Auch bei Calvin findet sich bekanntlich eine Betonung der distinctio beider Naturen. Der Begriff sociare von Calvin findet sich zwar u.W. bei Comenius nicht in dem Sinn, dass er explizit die Einigung der Naturen aus der Zweiheit beschreiben würde. Allerdings findet sich auch das eher lutherische Gegenstück in Gestalt des Begriffs unire nicht. Im Gegenteil sind die langen Reihen von entgegengestellten Paaren, die die beiden Naturen beschreiben, ausnehmend auffallend.

    Die Einigung der Naturen und die Lehre von der Communicatio idiomatum

    Unio naturarum

    Im vorhergehenden Abschnitt haben wir bereits vermerkt, dass sich in den zu dieser Arbeit benutzten Schriften wenige Sätze finden, die die Einigung und Einheit der beiden Naturen beschreiben, gemessen an der Zahl der Stellen, die die Unterscheidung der Naturen in Jesus Christus betonen. Der Umstand mag bis zu einem gewissen Grad dadurch bedingt sein, dass sich die antisozinianischen Schriften explizit gegen Kreise wandten, die im speziellen die göttliche Natur Christi bezweifelten. Doch dies war ja nicht ausschliesslich der Fall war und zumindest bei den Anhängern von Paul Felgenhauer ist dies belegt. Man könnte argumentieren, dass letztlich der Unterschied zwischen den beiden Positionen nicht sehr gross war und -wie wir ebenfalls schon erklärt haben- durch beide Fronten die Inkarnation gefährdet war. Und mit der Inkarnation war das opus oeconomicum ebenfalls gefährdet. Doch gerade deshalb ist es von eminenter Bedeutung zu untersuchen, wie Comenius die Einigung der Naturen in Christus verstanden hat. In der ersten Ermahnung an Zwicker entwirft Comenius ein Schema, aus dem die heilsgeschichtliche Verschränkung beider Testamente hevorgeht: Im Alten Testament war das neue verborgen, im neuen Bund offenbart sich der alte. Im Rahmen dieses geschichtlich formulierten Ablaufs erkennen wir konzentriert den Ablauf der Einigung als actus unionis: Der Schöpfung entspricht das ewige Sein des Logos beim Vater als zweite Person der Trinität. Der Erschaffung des Menschen ist die beschlossene Inkarnation dieser Person zugeordnet, die dann als Geburt des Gottessohnes Jesus Christus aus dem Leib Marias der Vertreibung aus dem Paradies entspricht. Sodann versucht er mit der Schrift, Zwicker von der Inkarnation zu überzeugen. Es scheint zum Teil, dass Comenius ebenfalls gespürt hat, dass -wie Amesius in seiner Medulla sagt- durch Begriffe die Einigung nicht zureichend erklärt werden kann, handelt es sich doch dabei um das mysterium salutis.

    In mehr systematischer Weise versucht Komenský die Einigung in Christus in der Schrift Socinianismi Speculum, der Widerlegung des Rakower Katechismus, darzulegen. Darin beschreibt er die Menschwerdung als das Eintreten des Gottessohnes ins Fleisch und Blut, so dass erstens immer die Gottheit als Subjekt gilt, die als solche an Fleisch und Blut partizipiert. Der Rakower Katechismus lehrt nämlich umgekehrt, dass die Menschheit als Subjekt -ein von Gott adoptierter Mensch, wie die Ebioniten sagten- Teilhabe an der Göttlichkeit erlangt. Filium Dei non assumsisse Angelos, sed semen Abrahae, hält Komenský dagegen. Diese Menschwerdung gründet in der Überzeugung, dass nur durch den Mensch gewordenen Gott der lebenspendene Geist den Menschen wieder zugeteilt werden kann. Comenius verwendet dazu die Formel des habere in se fontem lucis et vitae. Dies kann aber von keinem Geschöpf ausgesagt werden, sondern nur von Christus selbst. Ähnlich formuliert Calvin, wenn er das Motiv der Inkarnation in Christus Jesus insofern als Notwendigkeit beschreibt, als der Tod nur durch das Leben überwunden werden kann. In Jesus Christus wurde Gott und Mensch auf so einzigartige Weise verbunden, dass der Sohn Gottes und der Sohn des Menschen eine Person wurden und sich darin umschlingen. Darum werden für diese Person die Namen Immanuel, qea/nqrwpov und Deus-homo verwendet, deren einzige Aufgabe es ist, dieses Geschehen zu bezeichnen. Durch die Erzählungen der Geburt Jesu wird bezeugt, dass auch die menschliche Natur Christi heilig gewesen ist. Denn der, welcher von Maria geboren wurde, war der Gottessohn, also die Verbindung von Gott Vater und seinem eingeborenen Sohn, der unsertwillen Mensch wurde. Obwohl Jesus Christus ganz als einziger Sohn des einen Gottes gilt, wurde nicht die ganze Einheit in Christus von Maria geboren. Denn diese Aussage betrifft die menschliche Natur. Der Engel sprach davon, dass Marias Sohn der Sohn Gottes genannt werden wird. Der Engel sprach also nicht davon, dass Jesus der Sohn Gottes sein wird. Sohn Gottes war und ist Jesus Christus seit Ewigkeit durch die unio personalis. Es gibt also auch zwei Geburten: eine Geburt ohne Mutter im Himmel, ohne Vater auf Erden, oder anders ausgedrückt: Christus ist ohne Herkunft (genealogia) und Ende gemäss seiner himmlischen Zeugung. Gemäss seiner irdischen Geburt hat er demgegenüber sehr wohl einen Anfang in seiner Mutter Maria und ein Ende am Kreuz. Doch dies nennt Comenius mit gutem Grund nicht Herkunft (generatio). Denn der Erstgeborene unterhält, Kraft seiner göttlichen Natur, auf wunderbare Weise die menschliche. Die Geburt Christi ist die Geburt des Erlösers, Gottes selbst, und nicht die Geburt eines Moses als famulus in Domo Dei. Damit drückt Comenius für dogmatisch geschulte Ohren vielleicht etwas ungeschickt und weniger klar, in der Zielrichtung aber deswegen nicht weniger bestimmt, den Sachverhalt der conceptio naturae humanae aus. Was in der reformierten Dogmatik der Zeit als Dreischritt von formatio, sanctificatio und assumptio beschrieben wurde, das konzentriert Komenský in der Kontroversdiskussion fast ausschliesslich auf die natura divina Christi, die er durchwegs biblisch begründet. Zusätzlich hat er ein Verständnis des Geistes, welcher als causa efficiens die Inkarnation bewirkt: Spiritus sanctus procedit. In der Diskussion über die Herkunft, resp. die fehlende generatio humanae naturae, ist die Überlegung und Bedeutung der formatio enthalten. Die Heiligung (Sündlosigkeit) Jesu und assumptio wurden oben bereits erwähnt. Das Schlüsselzitat sei hier nochmals erwähnt, weil es auch in klarer Weise die menschliche Natur ohne eigene Subsistenz zu illustrieren vermag und was theologisch damit gemeint ist. So formuliert Comenius: Repeto igitur: Si Filius Dei humanam assumsit naturam, recte omnino dici, Christus est Deus et Homo: tametsi non recte Deus est homo, aut homo est Deus; [...] An autem assumserit humanam naturam, ut recte dici possit, iste homo (Jesus nazarenus) est simul Deus. Aut iste Deus (nempe lo/gov qui a principio fuit apud Deum et ipse fuit Deus) est simul homo [...]. Es ist also nicht ein drittes, neues Wesen entstanden durch die Inkarnation des Logos in die menschliche Natur, sondern die ewige Natur des Logos, Gott, hat sich der menschlichen bedient wie ein Werkzeug. Damit stehen aber die beiden Naturen -wiewohl vereinigt in der Person Jesus Christi- so nebeneinander, dass sie hinsichtlich ihrer Eigenschaften vermittelt sind, hinsichtlich der göttlichen Person Jesu Christi allerdings nicht. Unvermittelt ist die Beziehung (unio) zwischen Logos und der menschlichen Natur, denn die Inkarnation geht ganz von Gott aus. Als vermittelt ist die Einigung der Naturen insofern zu verstehen, als dass die Eigenschaften der Naturen (sine mutatione et confusione, indivisibiliter et inseparabiliter) in Christus vorhanden sind. Damit schreiten wir zum nächsten Abschnitt.

    Communcatio utrarumque naturarum

    Communicatio gratiarum sive charismatum in naturam

    Wir haben in den vorhergehenden Teilen die Bewegung des ewigen Logos Gottes hin zur menschlichen Kreatur so beschrieben, wie es Comenius in seinen Schriften gegen die sozinianischen Gruppen dargelegt hat. Darum konzentrieren wir uns in diesem Abschnitt auf die Ehre (oder honor adorationis), die aus diesen Glaubenssätzen Jesus Christus entgegengebracht werden muss, und auf die Gaben (oder gratiae habituales sive charismatae), die als dem Gottessohn durch den Vater über den Geist vermittelt geglaubt werden. Sowohl Ehre als auch Gaben Christi hängen eng miteinander zusammen. Weil Christus nur als der Gottessohn gedacht werden kann, und weil dieser Gottessohn einmal bestimmbar in die Welt gekommen ist, ist es vollkommen natürlich, dass diesem Gott-Mensch die ganze Ehre und Ehrfurcht entgegengebracht wird, die sonst nur dem thronenden Gott-Vater gebührt. Es leuchtet ein, dass sich diejenigen Stellen, in denen Comenius Ehre und Gaben der Menschheit Christi diskutiert, nicht primär in den Schriften gegen die (eigentlichen) Sozinianer finden, sondern in erster Linie dort, wo er den im Chalcedonense wurzelnden Glauben gegenüber den radikalen Monarchianern verteidigen muss. Blickt man in die späte Schrift A dexteris gegen den monarchianistischen Heinrich von Schöllen, so fällt unmittelbar auf, wie stark hier Comenius für die In-Karnation eintritt und gleichzeitig nicht in Gefahr kommt, die menschliche Natur zu vergöttern. Die gratia unionis kommt der menschlichen Natur nur insofern zu, als dass der Logos zur Versöhnung Fleisch wurde und keineswegs, damit das Fleisch geheiligt werde. Aber um der Versöhnung willen gilt es, die Menschheit deutlich zu bejahen und jede Vorstellung einer allatio carnis coelo abzuwenden. Wenn auch die Eigenschaften der jeweiligen Natur zugeordnet werden können, d.h. dass Christus als Deus-Homo einerseits sterblich war wegen seiner sterblichen menschlichen Natur und andererseits unsterblich, wegen seiner anima immortalis, und wenn es festzuhalten gilt, dass der Körper Christi durchwegs von unserem Blut und Fleisch war, so ruht sein Selbst dennoch in der göttlichen Natur. So ist es zwar richtig, wenn -in Anlehnung an 1Kor 15,47- Tertullian die materia (sive corpus Christi) als menschliches Fleisch, Blut, etc. definiert und so eine differentia spiritualis zwischen uns und Christus feststellt. Aber die wirklich seingebende Person ist die göttliche Hypostase. So legt Komenský Joh 6,35 in genau dieser Betonung aus. Es geht ihm dabei gerade nicht um die Konzentration auf die materia corporalis (und also wird so Tertullian kritisch relativiert), sondern um das Ich Christi. Gerade aber weil Gott in unserem Fleisch verborgen und wirklich Fleisch geworden ist, gebührt Christus als Filius Dei der honor adorationis. Nicht die menschliche Natur liess Christus uns wiederherstellen, sondern der ihm einwohnende Geist, die deitas. Diese Gottheit ist Wurzel des Lebens, das Christus für uns darstellt. Der Geist stellt Christus seine Gaben zur Verfügung, mithin z.B. so, dass er der menschlichen Natur nach nicht sündigt, impeccabilitas, oder so, dass er der omniscientia teilhaftig ist, wobei dies jedoch der "Entwicklung der menschlichen Natur" nicht zuwider laufen darf.

    Communicatio idiomatum sive proprietatum utriusque naturae

    Im Abschnitt über Christus als der zweiten Person der Trinität haben wir den dritten Argumentationsgang aus Komenskýs Schrift De Quaestione Resurrectionis Domini Jesu ausdrücklich unbehandelt gelassen, um von diesem aus die Frage nach der Idiomenkommunikation der Naturen in Christus zu diskutieren. Darum kommen wir nun anfänglich auf diesen Absatz zurück. Wir erinnern uns an die Gegenposition Komenskýs, die die Göttlichkeit Christi auf per rationem zu widerlegen sucht. Diese greift deshalb fogende Widersprüche auf: War Christus tot, so konnte er sich nicht selbst wieder erwecken, erweckte er sich selbst, so war er nicht tot. Comenius weist diesen Schluss zurück, indem er die Sprechweise, dass von Christus gleichzeitig Gegenteiliges ausgesagt werden kann, einmal mit der Schrift bezeugt und mit der Lehre der beiden Naturen und ihrem inneren Bezug begründet. So spricht man bespielsweise von Christus als dem, der bei uns ist bis zum Ende der Zeiten und der trotzdem nicht mit uns ist; er war auf Erden und gleichzeitig im Himmel; er war derjenige, der nach Johannes kam und war dennoch vor Johannes; er war Nachkomme Davids und gleichzeitig dessen König, etc. Das gipfelt in den Aussagen über den Gottessohn: Christus war gleichzeitig Gottes und des Menschen Sohn. Das Wort, welches Fleisch wurde, war der im Fleisch erschienene Gott. Denn von Christus -als der Person und dem Konkretum- wird richtigerweise das realiter ausgesagt, das einer der Naturen zugehört. Christus factus est ex semine David gilt als Aussage secundum carnem, also gemäss der menschlichen Natur. Gemäss der göttlichen Natur lautet die korrekte Aussage natürlich genitum non factum. Beide Aussagen werden jedoch von Christus prädiziert. Und damit treffen wir genau auf die theologische Aussage, die mit der Lehre von der Communicatio idiomatum gemeint ist. Dabei wird idioma bestimmt als proprium unius naturae incommunicabile alteri naturae, also als Eigenschaft oder Attribut einer Natur, die ihr ganz bestimmt eigen ist und nicht auf die andere Natur übertragen werden kann. Trotzdem kann, was so einer Natur distincte zugehört, indistincte von der Person ausgesagt werden, weil die Naturen in der Person ihre Substanz haben. So ist es richtig, von Christus zu sagen, dass er aus dem Samen David geschaffen ist, und es ist gleichzeitig richtig, wenn er als Sohn Gottes nach dem Geist bezeichnet wird. Es gilt also die Eigenschaft der Naturen von ihrem Konkretum, Christus, auszusagen. Die Unterscheidung der Naturen hat dabei genau zu erfolgen, und es ist darauf zu achten, dass keine Vermischung geschieht: Qui bene distinguit bene docet. Aber weil es richtig ist, indistincte vom Konkretum auszusagen, was distincte zur Natur gehört, so kann per synecdochen ein Attribut einer Natur dem Konkretum der anderen zugesprochen werden. Es tritt dabei keine Idiomengemeinschaft auf, denn dabei würde ja ein Proprium einer Natur der anderen zugeordnet, mithin die Definition des idioma gerade aufgehoben, resp. man würde damit -wie Comenius sagt- eine eutychianische Position einnehmen, bei der die Naturen unzulässig verbunden werden, oder es würde eine Übertragung (transfusio) resp. eine Schenkung (donatio) der Eigenschaften erfolgen, wie Amesius es formuliert. Comenius formuliert diese Überlegungen -zwar in weniger geordneten Schritten, inhaltlich aber gleich- gegen die Antitrinitarier beider Seiten: Dem Menschen Jesus eine Gottheit beizulegen, ihn also von einem bestimmten Zeitpunkt an als Sohn Gottes gelten zu lassen, wie es die Arianer (und die Sozinianer) taten, heisst -in ihm die Gottheit nicht ernst nehmend- letztlich Gottheit und Menschheit gleichzusetzen. Denn dabei erfolgt die Verbindung nicht über das Konkretum beider, Christus, sondern es werden die Abstrakta gleichgesetzt.

    Und umgekehrt, im Endergebnis aber gleich, handeln die "Felgenhauerianer" und "Marcioniten", wenn sie Gott einen Menschen beilegen, den aber als solchen nicht ernst nehmen und ihn nur dazu brauchen, um der Gottheit auf Erden eine Erscheinungsweise zu bieten. Auch dabei erfolgt eine Gleichsetzung der Abstrakta entgegen dem christologischen Gebot, dass auf keine Weise eine Ablösung von Christus als Person erfolgen darf. Darum lässt Comenius diesen beiden häretischen Gedanken das Gebot folgen, dass damit letztlich unser Angelpunkt mit Christus verloren geht, also wiederum die Menschwerdung in Frage getellt wird.

    Im Gegenzug ist es hingegen möglich und richtig, von Maria als der Mutter Gottes zu sprechen, denn als Mutter und Gebärerin des "Konkretums" Jesu Christi werden ihr die Attribute zugelegt, die sonst für die göttlichen Natur Christi gelten, also des filius Dei. Genau diese Argumentation findet sich nun auch bei Komenský: Christus ist das subiectum, von dem als descriptio gilt, dass er unigenitus und conceptus ist. So widerspricht es gerade nicht der Göttlichkeit Jesu, dass von ihm in der Schrift gesagt wird, dass er esse factum ex muliere (Gal 4,4), dass nach der Geburtserzählung in Luk 2,7 Maria peperit filium suum, wie Komenský gegen Leugner der Menschheit sagen konnte. Denn gleichzeitig galt immer (und umgekehrt) Tertullians Satz: Si verbum ex se caro factum est, iam ispum se concepit et peperit, non virgo.

    So dürfen wir folgern, dass überall dort, wo Comenius eindrücklich von Christus als Deus-Homo spricht, er sich der Beziehungen und Denkvorgänge der communicatio idiomatum bewusst war und diese nachvollzogen hatte. Auch wenn sich einleuchtenderweise der Begriff in den für diese Arbeit verwendeten Schriften nicht explizit findet, so sehen wir daraus, dass sich Komenský im Zusammenhang mit der Auseinandersetzungen mit antitrinitarischen Gruppierungen stark mit solchen Fragen befasst hatte.

    Auf einer der vorhergehenden Seiten habe wir festgestellt, dass sich in den komenianischen Schriften häufig Äusserungen zu den zwei Naturen Christi finden und weniger Bemerkungen, die die unio dieser thematisieren. Dabei haben wir es freigelassen, daraus direkt Folgerungen zu ziehen. Nun haben wir hier gesehen, dass Comenius die realitas der Person Christi deswegen keineswegs aus den Augen verliert, sondern die Gefahr des "Auseinanderfallens" Christi bannt, indem er die Naturen fest an ihr Konkretum, den Christus Filius Dei bindet. Mit Komenskýs Worten: Neque dualitatem in Christo naturarum ut disunionem concipere, sed eam aeterna disunionis remedium esse intelligeret.

    Communicatio operationum sive apotelesmatum

    Aus dem hier oben Dargelegten ergibt sich für die Werke der Person Christi gegen aussen, also an den Menschen, sowohl in concreto seiner Zeit auf Erden, als auch als Christus der Versöhner ausserhalb der Zeiten, folgendes: Christi Handeln gilt als unum opus personale (ad quod) duarum naturarum actiones distinctae concurrunt et uniuntur. Das heisst, man versteht -indem Christus als Person handelt erscheint und als gegenwärtig handelnder geglaubt wird- in reformierter Tradition die beiden Naturen als in einer communio vel concursus geeint, so dass alles Tun und Leiden Christi als von seiner Person als dem terminus earum proprium ausgesagt wird, obwohl einiges davon als der menschlichen, anderes wiederum eher als der göttlichen Natur zugehörig verstanden wird. Damit schliesst die reformierte Dogmatik der Zeit aus, dass eine reale Übertragung von Eigenschaften der einen Natur auf die andere ausgesagt wird. Der Sachverhalt ist daher grundsätzlich der gleiche, wie derjenige, der unter dem Stichwort communicatio idiomatum diskutiert wurde, hingegen ist die Optik der Aussage eine andere: Wurde dort das Subjekt Jesus Christus als Konkretum diskutiert, welches als Angelpunkt der Naturen die Prädikate beider tragen kann, so wird hier das Gewicht eher auf die operationes der Naturen gelegt. Man kann dies am Beispiel des unter dem Namen Extra Calvinisticum in die Theologiegeschichte eingegangene Theologoumenons und an dem Streit um die Ubiquitätslehre demonstrieren. Denn die Allgegenwart der menschlichen Natur Christi zu lehren hiesse, ihr ureigenstes Proprium, nämlich die zeitliche und örtliche Beschränktheit, aufzuheben. Diese Auffassung hat Comenius offensichtlich geteilt. So ging Komenksý ganz selbstverständlich davon aus, dass Christi menschliche Natur, sein Leib, nach der Himmelfahrt entrückt sei und seine Gegenwart auf Erden spiritualiter zu verstehen sei. Es lässt sich mit der Schrift bezeugen, dass zwei Naturen in Christo sind. Die Gottheit Christi ist nach Joh 3,13 ursprünglich ausserhalb der Menschheit, denn "niemand fährt gen Himmel, denn der vom Himmel niedergekommen ist, der Menschensohn," sagt Comenius mit dem gleichen Zitat wie schon Zwingli. Die Menschheit vermag die Gottheit nicht zu fassen (finitum non est capax infiniti). Darum ist es ebenso durch die Schrift klar, dass Jesus seinen Jüngern verheissen hatte, dass er leiblich nicht immer bei ihnen sein werde: Nempe cum eum post resurrectionem in coelum assumsit, et ad dextram potentiae suae locavit. Aber geistig bleibt er immer bei ihnen, verletzt doch das die Eigenschaften der beiden Naturen nicht.

    Sucht man aber explizit formal nach den vier Punkten der Apotelesmen, wie es beispielsweise Petrus van Mastricht entworfen hatte, so findet sich bei Comenius an mehr als nur einer Stelle die Person des qea/nqrwpov, des Deus-Homo als Subjekt der Inkarnation und causa producens dargestellt. Zweitens finden wir -wie auch schon belegt- die zwei Naturen als die zwei Prinzipien der causa producens. Drittens folgt daraus eine zweifache Wirksamkeit (duplex efficacia seu duplex e)ne/rgeia) hinsichtlich der beiden Naturen. Besonders klar ist dies zu Beginn von A Dexteris formuliert. Ebenso findet sich das in der Hauptschrift gegen Daniel Zwicker und in De Quaestione. Viertens ist das opus unum zu nennen, das nur das a)pote/lesma qeandriko/n sein kann, das Werk der Versöhnung, um dessen willen Christus überhaupt Mensch und als solcher Mittler geworden ist.

    Wir glauben also sagen zu dürfen, dass sich Komenský auch bezüglich dem Zusammenwirken der Naturen in der Person Christi in den bekannten und speziell reformiert-traditionellen Bahnen bewegte. Er hielt streng an der Unterscheidung der Naturen in Christo fest und liess dennoch keinen Zweifel darüber aufkommen, dass das handelnde Subjekt immer die Person Jesus Christus ist und dass diese nie von ihrem locus firmus, der Inkarnation und also dem Versöhnungshandeln Gottes am Menschen gelöst werden darf. Darum teilte Comenius stillschweigend auch die reformierte Gesinnung, nicht von einem genus maiestaticus des Fleisches zu sprechen, sondern er sprach stets -und das scheint uns für die Kontroverslage der Schriften bemerkenswert- auch im Streit mit sozinianischen Kreisen von der wirklich menschlichen, d.h. real leidenden und gestorbenen Natur, die sich auf den ganzen Christus übertragen hatte. Insofern würden wir sagen, dass in den hier zugrundegelegten Schriften gegen die Antitrinitarier eine wohl traditionelle, aber gleichzeitig ebenso spekulationsfeindliche Lehre der zwei Naturen zutage tritt. Allein an der Zahl der zu Hilfe genommenen Schriftzitaten lässt sich erkennen, dass Comenius fern jeder selbstgenügsamen Frömmigkeit, sondern beständig auf der Suche nach dem festen Grund seines Glaubens war. Im folgenden müssen wir uns genauer um die Rolle Jesus Christi als Mittler und als unser Mandat kümmern.

    Christus mediator et de triplice munere eius

    Christus mediator


    Dass der ewige Logos, die zweite Person der Trinität, Mensch wurde, hatte den einzigen Grund darin, dass Gott beschlossen hatte, gemäss dem Pakt mit seinem Sohn, diesen als Mittler zwischen sich und den Menschen zu senden. Dies kann als knappe Zusammenfassung der reformiert-orthodoxen Lehre von der Mittlerschaft Christi am Anfang dieses Kapitels stehen, und gleichzeitig ist es auch die Zusammenfassung der Überzeugung von Johann Amos Comenius. Gott liebte uns und gab deshalb seinen Sohn für uns, Christus liebte uns und gab sich selbst für uns hin. Nur Gott selbst konnte die von der Sündenlast gepeinigten Menschen befreien, darum erniedrigte sich Christus, der Gottessohn selbst, um uns zu heilen, gemäss dem ewigen Beschluss des Vaters. So gilt Christus als Mandat des Vaters, apocha Dei, als Mediator noster. Um Mittler zu sein zwischen Gott-Vater und den Menschen, ist es notwendig, dass Christus in sich zwei Naturen hat: Die göttliche Natur, um das Erlösungswerk selbst vollziehen zu können, eine menschliche Natur, um uns gleich zu sein, compatiens miseriis nostris. Dazu wurde Christus vom Vater gesalbt, bevor dieser selbst als Gesalbter erschien, und zwar wurde er einerseits von Gott durch den Geist gesalbt, andererseits wurde ihm so die plenitudo sanctificationis übergeben. Obwohl in den hier benützten Schriften der Begriff der Salbung Jesu durch die Taufe verbaliter uns nicht begegnet ist, so kann dennoch kein Zweifel darüber bestehen, dass Christi Handeln erstens immer nur unter dem Zusammentreten der zwei Naturen und zweitens in voller Abhängigkeit vom Vater durch den Geist zu verstehen ist. So formuliert Komenský, dass Christus alles, was er zur Wiederherstellung der Menschen tat (die actiones), seine ganze Essenz (essentiam) und sein Leben aus dem Schatz des Vaters empfing. Sein officium und seine functio mediatoris waren im eigentlichen Sinn die Erlösung und der Freikauf (redemtio) der Menschen von ihren Sünden, von der Sühne und der Strafe des Todes. Darum erniedrigte sich Christus in der Menschwerdung, so dass er von der Jungfrau geboren wurde.

    Die Idee des Vermittlers entspringt der Auffassung, dass der Abstand zwischen Gott und den Menschen derart gross geworden ist, dass niemand diesen Abgrund überschreiten kann, es sei denn, Gott selbst. Oder, wie es Calvin gesagt hat, dass zwischen Gott und den Menschen eine Wolke steht und wir Gott und dem Himmelreich gänzlich entfremdet sind. Comenius hat dieses Verständnis geteilt, soweit es aus den antisozinianischen Schriften hervorgeht. Er verwendet häufig den Begriff redemtio in beschreibenden Aussagen über Christus, aber selten redemptor, wie ihn Luther im Grossen Katechismus verwendet. Für Komenský ist die Natur des Menschen grundsätzlich beschädigt (offensa) und schadet fortwährend weiter (offendens). Es wäre für undenkbar, in eher lutherischem Sinn Christus als Schatz zu verstehen, der nicht direkt für den Gläubigen austeilend und vermittelnd wirkte. Das ist -abgesehen von seinem reformiert-calvinistischen Erbe, das er in Herborn vermittelt bekam- in den Kontroversschriften allerdings auch verständlich. Zu nahe wäre dies einem statischen Verständnis von Christi Wirksamkeit gekommen, zu sehr wäre man verleitet worden, Jesus von Nazaraeth nur enigmatisch zu verstehen. So sind diese Unterscheidungen wohl doch mehr, als nur ontologische Spitzfindigkeiten. Es geht Comenius immer in erster Linie um das Heil der Gläubigen, also um den Wert und die Bedeutung der Inkarnation. Auf die Frage, warum aus der Tatsache, dass Gott Christus seinen Sohn von den Toten (und damit meint Comenius den wirklichen Tod) auferweckt hätte, für uns ein solatium folgte, lautet seine Antwort: Virtute mediatorii officii. Und er betont, dass Christus als Filius Dei sein Handeln als Mediator ausdrücklich gewollt hat: [...] voluit Deus Filius [...]quiddam circa nos agere. Dieses 'wollen' ist wohl im Sinne einer necessitas zu werten, die jedoch keine Gesetzmässigkeit sein kann, sondern lediglich Gottes beatitudo und Wohlgefallen entspringt. Damit rückt aber die Betonung des Mittlers und seiner Aufgabe wiederum in die Richtung von Calvins Verständnis eines 'müssens' (oportere) und 'wollens' (velle) Christi zur Erlösung der Menschen.

    Folgen wir zur Orientierung den weiteren Abstufungen und Differenzierungen der reformierten Dogmatik unter dem Lokus "De officio Jesu Christi mediatorio", so geraten wir allerdings in Schwierigkeiten. Suchen wir nämlich nach Begriffen wie meritum oder efficacia, so werden wir kaum fündig, auch den Begriff der obedientia, die zum meritum Christi führen sollte, suchen wir vergebens. Nun hat Comenius mit den antisozinianischen und antitrinitarischen Schriften auch keine Dogmatik verfassen wollen, sondern seine Werke waren konzentriert auf die Auseinandersetzung und somit auf die Verteidigung von Christus als Gottessohn und seiner Relevanz für den Gläubigen. Darum finden sich christologische Aussagen in einer zusätzlich, doppelt auf Christus konzentrierten Form. Erstens handeln die Streitschriften davon , wie von Christus und dem Gottessohn gesprochen, resp. wie er geglaubt wird. Zweitens hat Comenius einen narrativ-apologetischen Weg gewählt, denn er exemplifiziert seinen rechtgläubigen Standpunkt durch das Erzählen und Darlegen der Menschwerdung, der Wirksamkeit und des Lebens Christi, ähnlich dem lutherischen Streiter Friderich Balduin. So müssen wir uns der Mühe unterziehen, zu untersuchen, ob sich die den dogmatischen Formulierungen zugrundeliegenden Strukturen in den -so darf man wohl sagen- comenianischen Gelegenheitsschriften finden.

    Die Vermittlung, die Christus für uns unternahm, bezweckte, Gott zu versöhnen (propitiare) und uns mit ihm wieder zu vereinigen (reconciliare). Dies geschah durch Christi Selbstopferung (ipse pro nobis victima factus) als Priester. Von nun an sollen wir dadurch "sicherer handeln und keinen Teil des Heils wieder verlieren". Darum lehrt uns Christus als Tutor, Lehrer und Prophet. Weil wir aber dennoch schwach und anfällig sind, ist uns Christus zusätzlich als Hirte und König gegeben, damit er uns vor dem Satan und den Feinden beschütze und uns so durch alle Hindernisse zu sich führe. Dies geschieht kraft der in Christus wirksamen efficacia und seinen merita. Traditionellerweise bestand das opus meritorium darin, dass Christus als Gott-Mensch sich den Verdienst durch seinen absoluten Gehorsam gegenüber Gott-Vater erworben hatte. Absoluter Gehorsam meint sowohl die Erfüllung der Gebote und des Gesetzes (obedientia activa) als auch das Erleiden der Busse (obedientia passiva) für das Menschengeschlecht. Nun fällt aber auf, dass Komenský bezüglich der vollkommenen Erfüllung des Gesetzes durch Jesus Christus wenige Worte verliert, dagegen das Leiden Christi, seine redemptio per sanguinem eius stark betont. Wir werden im übernächsten Kapitel diesen Umstand eingehender betonen und stellen hier die Vermutung auf, dass es sich dabei um einen Einfluss seines Lehrers Johannes Piscator handeln könnte.

    Etwas Ähnliches ersehen wir aus der komenianischen Beschreibung der efficacia Christi. Auch sie ist in De Quaestione "doppelt" auf den Gottessohn konzentriert. Anders formuliert könnte man diese Beschreibung vielleicht als indirekt bezeichnen. Indem Comenius die Göttlichkeit Christi verteidigt und in diese Verteidigung die Heilsrelevanz einbaut, spricht er zwar von der absoluten und unbedingten vis efficax, die Christus gegeben ist und die direkt aus der Göttlichkeit Jesu folgt. Und ebenso direkt folgt aus dieser, dass Christus -im Unterschied zum ersten Adam- nicht nur vivus ist, sondern vivificans. Aber es gibt keine Stelle, die die Tugend der efficacia Christi gleich formulieren würde, wie z.B. Polanus von Polansdorf. Doch gerade deswegen wird bei Comenius in De Quaestione um so greifbarer, was das Polanische ut ad finem in gratia permaneamus und dessen Aussage, dass die Wirksamkeit Chrsiti und sein Mittlertum schon vor der Inkarnation (des lo/gov incarnandus) bestimmt war, heissen soll: Es geht Comenius wiederum um die Erfahrbarkeit, dass damit die wahre und wirkliche Erlösung gemeint ist, die in Gott bestimmt war: nempe quia vis vitae indissolubilis illi inest [...] quia scilicet sua deitas, quandoquidem solus Deus is est qui vivificat omnia.

    Wir werden nun in den nächsten Kapiteln die drei Ämter Christi in der heilsgeschichtlichen Reihenfolge untersuchen, die Comenius selbst im Socinianismi Speculum vorgibt.

    De prophetico Christi munere

    Das prophetische Amt Christi besteht in der Enthüllung und Bekräftigung des Willens Gottes, der im neuen Bund, in Christus, Gestalt angenommen hat. Es kann kein Zufall sein, dass sich eine fast gleiche Formulierung auch bei Johann Heinrich Heidegger findet. Comenius will in der Folge die Lehre der seit Ewigkeit in Christus gründenden Prophetie Gottes darlegen. Dabei stösst er (in seiner Schrift Socinianismi Speculum der Argumentation des Rakower Katechismus folgend) auf das Problem, dass die Leugnung der Göttlichkeit Jesu logischerweise auch die causa prinicipalis der Prophetie in Christus ablehnen muss. So fragt er die Antitrinitarier "Cur ergo vos sociniani a prophetico Christi munere credendorum patefactionem in totum abscinditis?" Das verkompliziert natürlich seine Darlegung und erschwert den Blick auf seine eigene Meinung zusätzlich. Man könnte sagen, Comenius illustriere das prophetische Amt in gewisser Weise synchron, den alten Bund, den neuen Bund und das Heilsgeschehen in Christus sowie die Einsetzung seiner lehrenden Nachfolger mitbedenkend. Mit dem Terminus von Alsted lässt sich vielleicht auch von einer gleichzeitigen Schilderung der unmittelbaren und mittelbaren Prophetie Christi sprechen. Weiter zeigt sich, dass Comenius die prophetia legalis Christi in der Auseinandersetzung eingehend behandelt. Denn Christus ist kein neuer Gesetzgeber, sondern indem er das bestehende Gesetz verstärkt, wird dieses erst in seinem ganzen Ausmasse bekannt. Ebenso ergibt sich daraus erst der Blick auf das göttliche Gnadenhandeln. Es geht Christus um das Heil und nicht um das Befolgen ethischer Regeln: Die prophetica evangelica ist für Komenský das zentrale Anliegen, und so ist es verständlich, dass er den Antitrinitariern entgegenruft, ein Gesetz statt der freimachenden Gnade zu wählen hiesse, lieber Sklaven zu sein und nicht Söhne, Söldner und keine bevorzugten Soldaten (beneficiarii). Denn wer der Kraft des Evangeliums nicht vertraut und statt dessen -wie Calvin es gesagt hat- etwas Zusätzliches darannäht oder -so Comenius- alten und neuen Bund auseinanderreisst (hiatus), die doch in Christus verbunden sind wie Gesetz und Evangelium, der schmälert die Ehre Christi und Gottes. Und nicht weniger intensiv will er die Rolle des Geistes hervorheben, wenn er von ihm (geeint in der Trinität) sagt: Plenipotens vicarius omnia in ecclesia administrans praeest. Dass Comenius ebenfalls die Taufe Jesu als Beginn des öffentlichen Prophetentums Christi verstanden hatte, geht u.E. daraus hervor, dass gerade dieses offensichtliche Ereignis, nämlich die Salbung Christi durch den Vater, die Sozinianer nicht verstehen können und darum von Komenský weit weniger irenisch als im Vorwort vermerkt gerügt werden.

    Es scheint uns schliesslich, dass das prophetische Amt Christi im Verständnis von Comenius eng mit der calvinistisch-reformierten Tradition verhaftet bleibt. Christus war prophetisch tätig im Volk Israel vor der Menschwerdung, als wahrer Deus-Homo und durch den Geist seit seiner Auffahrt. Gleichzeitig deutet dieses Amt darauf hin, dass Christus selbst das Evangelium ist und (v.a. in bezug auf das Gesetz) als Auslegung gilt. Es wird im kommenden Kapitel nötig sein, diese Idee möglicherweise weiter zu entwickeln.

    De munere Christi sacerdotale

    Christus ist unser Bewahrer - das stellt Comenius im sechsten Kapitel des Speculums voran und hält den Sozinianern gleich entgegen: Was für ein Bewahrer? Um die Sachlage klarer zu erörtern, stellt er fest: Sed ut res liquidius pateret, addi debebat, Cur tali Servator opus fuerit? Ist es allzu vermessen, in dieser Frage einen Anklang an Anselms berühmte Frage Cur Deus Homo zu hören? Doch wie pointiert Komenský diese Frage? Das von Comenius zitierte opus definiert er selbst als "Gott zu versöhnen" und uns, die wir ihm Fremde geworden sind, mit ihm wieder zu vereinen.

    Anhand dieser Formulierung könnte man möglicherweise eine Phasenverschiebung innerhalb der Satisfaktionslehre feststellen. Mehrmals haben wir bisher angetönt, wie stark es Comenius um die soteriologischen Hauptpunkte innerhalb der Streitschriften gegen die Antitrinitarier geht und wie oft er die Notwendigkeit und die Bedeutung der Aufhebung der seit Adam begangenen Schuld der Menschen unterstreicht. Dazu haben wir im vorhergehenden Kapitel die Stellen, an denen Christi Blut erwähnt wird, aufgelistet. Wir stellen hier zu Beginn einmal die These auf, dass diese Phasenverschiebung ein fast gänzliches Verschwinden resp. einen Transfer der forensischen Komponente der Satisfaktion (man könnte auch sagen der Tilgung der objektiven Schuld) hin zu einem Betonen der objektiven Vergebung zum Inhalt hat, die für Comenius die Wirklichkeit des Gläubigen bildet. Was meinen wir damit?

    Komenský betont die Göttlichkeit Jesu und gleichzeitig die Bedeutung der Inkarnation. Insoweit zeigt er sich als Erbe der reformiert-calvinistischen Tradition. Aber wir haben ebenso festgestellt, dass er wenige Stellen aufführt, an denen er von einer aktiven Erfüllung des Gesetzes durch Christus spricht, so dass dies den Menschen angerechnet wird. Es könnte ja sein, dass Comenius dabei die Gefahr eines gewissen Ethizismus witterte, der ihn wiederum in die Nähe sozinianischen Gedankengutes gebracht hätte. Aber es ist auch bekannt, dass der Lehrer Komenskýs in Herborn, Johannes Piscator, 1595 in seinen Theses de justificatione und 1607 in den Theses theologici den Standpunkt vertreten hatte dass nur der "leidende Gehorsam Christi (also die obedientia passiva), nicht auch der tätige, werde uns zur Vergebung der Sünde und zur Rechtfertigung angerechnet, indem Christus den tätigen zu leisten für sich selbst verpflichtet gewesen sei." Piscator hatte sicher nicht den einzigen Einfluss auf Comenius, und man muss sich vor Augen halten, dass Komenský die antisozinianischen Schriften erst gegen Ende seines Lebens verfasste, also ein halbes Jahrhundert nach seiner Studienzeit. Dennoch könnte dies eine Phasenverschiebung oder Gewichtsverlagerung weg von der Betonung des juridischen Gedankens, hin zu einem eher existentialen Verständnis des Heilsgeschehens bezeichnen. Die (anselmsche) Hypothese, dass die unendliche Schuld des Menschen nur durch Gott selbst getilgt werden kann, wird verlagert hin zu einer (eher thomistischen) Betonung der Wiederherstellung durch die Menschwerdung Christi selbst und der leidenden Selbsthingabe als Versöhnung.

    Vergegenwärtigen wir uns dazu, dass Comenius in De Irenico Daniel Zwicker zum Christushymnus in Phil 2,6 ironisierend fragte, ob denn Christus folglich nichts gewesen sei, bevor er als Mensch geboren wurde, und er so die Bedeutung der Frage nach Christi Natur gerade wiederum auf den Hauptpunkt legt, nämlich auf die Relevanz der beschlossenen Menschwerdung. Damit wären aber zwei Folgerungen gegeben:

    Erstens weist Comenius so radikal jegliche Fähigkeit vom Menschen weg, von selbst vor Gott treten zu können und Genugtuung zu leisten, indem er die ontische Differenz zwischen Gott und Mensch radikal denkt und deren Aufhebung allein in der Bewegung Gottes zum Menschen hin versteht.

    Zweitens verstünde er Christi Selbstopferung quasi als ein hermeneutisches Prinzip seiner ganzen Theologie. Das einmalige Handeln, begründet in der ontologischen Unterscheidung der zwei Naturen, bildet als solches erst den Wahrnehmungs- und Wirklichkeitsraum des Christen. Gleichzeitig ist dieses Handeln auch das universale Instrument der Deutung von Wirklichkeit, im speziellen Sinn der Schrift. So spricht er zwar von einer arca foederis, eigentliches Subjekt dieser Verbindung ist aber Christus. So erstaunt es nicht mehr, dass er alt- und neutestamentliche Stellen nebeneinander verbinden kann und -um hier wieder einen Terminus der reformierten Dogmatik zu gebrauchen- das sacrificium propitatorium als seipsum sacrificium mit Jes 53,10 begründet. Doch spricht er dabei auch vom Tod Christi als propitiatio pro peccatis nostris totiusque mundi, und bezeichnet das darin enthaltene pretium redemptionis als Grundlage allen menschlichen Seins. Zwar versteht er das sacerdotium Christi durchaus als unica oblatio, doch scheint ihm das als Beschreibung zu genügen, und er differenziert daraus keine näher beschriebene intercessio Christi, sondern nennt in Anlehnung an Röm 8,26f. den Geist intercessor pro nobis, der die Verheissungen Christi vollendet. Christus ist sponsus animabus und mediator; sodann pallium iustitiae und toga salutis, Begriffe, die eigentlich auf eine Thematisierung der obedientia activa und einer subiectio sub lege zu Gunsten der Menschen und auf eine weitere Unterscheidung zwischen einer Selbstunterwerfung hinsichtlich des Gesetzes und des Bundes (subiectio sub lege foederalis) hinweisen könnten. Allein, es geht Comenius offensichtlich nicht um eine derartige Ausdifferenzierung.

    Suchen wir nach einer Beschreibung des passiven Gehorsams Jesus Christi, so werden wir schneller fündig. Er, der sündlos war, gab sich für die redemtio peccatorum hin. Leiden und Sterben Christi wurden schon im Himmel bereitet, auf der Erde am Kreuz hingegen vollendet. Sein Gehorsam bedeutete das Vergiessen seines Blutes und das Leiden am Kreuz (und nicht nur deren praeparatio, wie die Sozinianer sagen). Er erlitt die morbos nostros et dolores und machte gleichzeitig die defectiones populi wieder gut. Jedoch auch hier mag man einen Zug ins Existentiale vernehmen, wenn Comenius weniger die Grösse des Fluches betont, in dem das Menschengeschlecht steht, als die Tatsache, dass Christus als Mensch uns compatiens geworden ist. Andererseits ist es vollkommen klar, dass das Leiden und Sterben Jesu die Sühne für die unendliche Schuld der Menschen (expiatio) und die Wiederherstellung (reconciliatio) mit der Majestät Gottes zum Ziel hat. Damit verwendet Comenius jedoch wiederum eine Formulierung, die ihn in die zeitgenössische Christologie integriert. Und dieser Eindruck wird durch die im 22. Kapitel mehrmals verwendete Formel sacrificium peractum bestätigt. Daraus erschliesst sich u.E. nämlich, dass Komenský das Heilshandeln Christi, das wirkliche Leiden Jesu, seine Erniedrigung vor dem Vater und seine Sorge um unser Heil als erfolgtes und durchlittenes Handeln und Leiden versteht, das ex acceptatione wirksam ist und nicht als ein acceptum Dei. Darauf deutet Christi letzes Wort consummatum est hin, und darum, bekräftigt Comenius, halten die Gläubigen dies fest wie einen starken und festen Anker.

    Wir fassen zusammen und möchten folgendes Bild entwerfen: Comenius vertritt im grossen und ganzen eine zeittypische Lehre des munus propheticus wie des Priesteramtes. Eine bemerkenswerte Pointierung oder Phasenverschiebung ergibt sich allerdings innerhalb der Frage nach der juridischen Satisfaktion. Hier findet sich weder eine deutliche Ablehnung des Gedankens der obedientia activa noch ein klarer Bezug auf diese. Es scheint uns, dass Comenius die Inkarnation des Sohnes Gottes tatsächlich als das ungeheure Skandalon wahrgenommen und betont hat, ohne irgendwie dadurch Tod und Sterben Christi zu relativieren. Verbunden mit dem festgestellten Verständnis vom prophetischen Amt Christi als Offenbarung des Evangeliums durch die Zeiten, zum Ende in Christus gekommen, ergibt sich für Comenius eine Art Ontologie des Heils: Christus ist der Angelpunkt und Anker der Welt. Durch seine universale Wirksamkeit und seinen Anspruch -man könnte sagen, durch seinen Geist- werden die Gläubigen erst zum Leben befähigt. Hoc fac et vives!

    De regio Christi munere

    Gemäss dem Ablauf des Katechismus von Rakow beschäftigt sich Comenius zuerst der Frage nach dem regnum naturale vel universale Christi. Dass er dieses in keiner Weise als eingeschränktes gelten lassen will, leuchtet ein und muss nicht näher erklärt werden. Interessanter sind seine Ausführungen zu den media gubernationis und zum modus gubernationis. Denn durch deren Diskussion vermag er die vordergründig relativ einfache und scheinbar wenig konfliktgeladene Aussage von Christi äusserer Machtausübung zurückzuführen auf die Frage, was das konsequente Denken von Christi königlichem Amt heisst. Comenius verlagert die Frage nach dem königlichen Amt weg vom regnum universale hin zum regnum personale und oeconomicum. Schon in der Frage nach dem prophetischen Amt hat sich Comenius dagegen gewehrt, die prophetia Christi auseinanderzureissen und in scheinhistorischer Art zwischen promulgatio und promissio zu unterscheiden.

    Hier wehrt sich Komenský nun dagegen, Christi äussere Machtausübung zu beschränken und ihm nur die creaturae ratione preditae zuzuweisen. Dabei geht er nicht direkt auf die Frage der Göttlichkeit und der damit zusammenhängenden potentia Christi ein, sondern er schwenkt mit der Frage cur vicario Christi, spiritui sancto, nihil assignasti? auf das eigentliche Zentrum von Christi königlichem Amt hin, auf die Frage nach dem spiritualen Charakter von Christi Königreich. Denn das Evangelium als Inhalt der Prophetie war immer das Evangelium Christi und wird es immer sein. Von diesem Christus kann selbstredend der heilige Geist nicht abgetrennt werden, es hiesse denn, die ganze trinitarische und christologische Fragestellung erneut aufzuwerfen. Scheint es doch für Comenius aus den biblischen Schriften klar hervorzugehen, dass überhaupt nur durch den Geist das vom Vater uns dargebrachte und vom Sohn verdiente Evangelium an uns überbracht und verteilt werden kann. Ja der eigentliche Gesichtspunkt des Königreiches Christi ist das Evangelium, das in Christus gegenwärtige Gnadenreich der Kirche. Darin wirkt Christus durch den Geist als gubernator und defensor. Comenius hat, so glauben wir, die von Calvin begründete Tradition übernommen, die Natur des munus regium Christi als natura spiritualis zu bezeichnen. Das erlaubt ihm im Gegensatz zu den Antitrinitariern, Christi Königreich und seine Funktion als Lenker und Beschützer auf zwei verschiedenen Ebenen zu sehen. Das von den sozinianischen Kreisen als das eigentliche, reale Königreich verstandene, ist für Comenius nur das zweite und allgemeine. Das wirkliche subiectum ist das geistige Reich, das regnum personale Christi als der gegenwärtig geglaubte Christus und sein Evangelium. Darum formuliert er zur Frage, wie der aufgefahrene Christus am jüngsten Tag das Gericht lenken werde, eine scheinbar 'realistische' Schilderung von Verderben und Untergang der Sünder.

    Es soll hier Comenius nicht gegen seine eigene Intention 'existential' interpretiert werden. Doch nur, wenn man sich seine gut reformierte Doppelstruktur von Christi Königreich vor Augen hält, ist ersichtlich, warum das Jesaja-Zitat der solatia impiorum aus Jes 22,23 für Comenius eine profanitas darstellt. Es ist nicht eine Entheiligung, weil damit fromme Gefühle missachtet werden, sondern weil damit die Tatsache, dass Christus das Amt des Mittlers angenommen hatte, verneint wird und keine Bedeutung mehr hat. Und aus dem gleichen Grund verwirft er die ebionitische Vorstellung, dass das Evangelium zuerst im Namen Gottes bekannt gemacht worden sei und [Gott] anschliessend Christus befohlen habe, dies zu verkündigen. Denn so ist jede wahre vocatio unmöglich. Ebenso lehnt Komenský die Meinung ab, Christus habe als Bewahrer der Kirche die fremden (mosaischen) Riten abzuschaffen gesucht. Sondern durch ihn war die Urkunde, die -in Anlehnung an Kol 2,14- gegen uns lautete, abgeschafft worden. Und ebenso anerkennt er nicht, wenn die Antitrinitarier diejenigen durch Christus ausgezeichnet sehen, die zu jener Zeit ihm nachfolgten und darum mit den Verheissungen belohnt werden. Dass in der Welt Bedrängnis (pressura) herrscht -und hierbei argumentiert er mit Joh 16,33- ist mit der Grund, dass Christus erschienen ist. Wer dies aufhebt, hebt Christi Gnadenreich auf Erden auf. So schliesst Comenius mit dem Argument, dass, wer Christus nur zeitlich beschränkt gelten lasse und ihn nicht mit dem Vater und dem Sohn als ewig versteht, unweigerlich in Spekulationen und Hypothesen verfallen muss und sei es nur, um sich zu überlegen, was mit denjenigen Menschen geschieht, die vor Christus lebten. Die Wirksamkeit Christi wird so allerdings nicht mehr ernstgenommen.

    Wir wagen daher die Feststellung, dass Comenius allem Anschein nach die Lehre des munus regium in traditioneller Form verstanden hat, dies aber in der Kontroversdebatte nicht explizit ausführt, sondern sich auf die Grundlage dessen beruft, was dieses Amt erst ermöglicht, nämlich die ewige Gottheit in drei Personen und die Inkarnation des Logos; mit Comenius könnte man sprechen, zur Gewissheit, dass Jesus die Welt überwunden hat und dass sie überwindbar ist.

    De Iesu Christi statu exinanitionis et exaltationis


    In den vorhergehenden Abschnitten haben wir versucht, Komenskýs Verständnis der Person Jesus Christus und seines Amtes zu erläutern. Gegen Ende unserer Untersuchung wenden wir uns daher nun der Erscheinung und Wirksamkeit Jesu Christi zu, die gemeinhin in der Lehre von den Ständen thematisiert wird. Dabei wird nach der Lehre der Ämter Christi der Erniedrigung das Amt des Mittlers und der Erhöhung dasjenige des Königs zugeordnet. Das macht allerdings nur insofern Sinn, als dass sowohl die Ämterlehre als auch die Lehre von den Ständen Explikationen des Handelns Gottes am Menschen sind. Anders gesagt, ohne den Finalzweck der Wiederherstellung der Beziehung Gottes zum Menschen zu betonen, haftet beiden Versuchen ein Zug zu spätscholastischem Distinktionismus an. So scheint es uns nicht zufällig, dass Calvin die Soteriologie ins Zentrum dieser Frage stellt und sich später beispielsweise in der Definition von Heinrich von Diest zu Beginn der Bezug auf den qea/nqrwpov findet. So ist es nicht erstaunlich, wenn Comenius in De Quaestione die exinanitio mit Bezug auf den Christushymnus aus Phil 2,6f. formuliert, wobei er als guter Schüler orthodoxer Gelehrsamkeit dies mit dem Hinweis auf die forma servi verbindet, also dem Hinweis, dass mit dem Begriff der Entleerung nicht das Geschehen der Inkarnation im allgemeinen gemeint ist, sondern dass Christus die Knechtsgestalt des Menschen annahm. Rückwirkend kann Comenius die Erniedrigung hin zur Gestalt des Knechtes als Argument gegen die Sozinianer benützen. Wovon sollte sich den Christus völlig entäussern, wenn nicht von seiner Gotteswürde? Wie sollte das möglich sein, wenn er -antitrinitarisch- vor seinem gänzlichen Verzicht auf die Gotteswürde nicht Gott war? Neben dem historischen Aspekt zeigt diese Wendung, dass Komenský die soteriologische Komponente der Status-Lehre erkannt hatte. So konzentriert er sich auf Tod, Auferstehung und Christi Platz im Himmel. Nach der Schrift A Dexteris, die sich, wie wir wissen, gegen die Neu-Marcioniten wendet und insofern für den hier dargestellten Sachverhalt besonderen Ertrag bietet, ist die Menschwerdung unabdingbar verknüpft mit der mortificatio. Und Comenius spitzt diese Formulierung gegen Ende des Abschnitts zu mit einem prominenten Zitat aus Heb 2,14f. Es ist zwar richtig, dass zahlenmässig diejenigen Stellen, die von der Inkarnation und Menschwerdung sprechen, denjenigen, welche explizit die humilatio behandeln, überlegen sind. Doch hat Comenius die Inkarnation nicht abgetrennt verstanden, sondern die Erniedrigung ist dabei mitbedacht unter dem Ziel der recreatio nostra. Auffallend ist, dass er dabei an mindestens zwei Stellen in diesem Zusammenhang Augustin zitiert und dies sein Verständnis des Verhältnisses von Menschwerdung und Humilation besonders treffend zu charakterisieren scheint. Geht man einen Schritt weiter und sucht nach Aussagen über die Höllenfahrt Christi, wird man allerdings enttäuscht. Nicht, dass Comenius den Tod Christi geleugnet hätte, ganz im Gegenteil. Doch es findet sich in seiner Schrift De Quaestione, die ausdrücklich von der Auferstehung Christi handelt (und die auch immer die soteriologischen Implikationen zu beachten sich bemüht), keine Stellen, die in traditioneller Form den descensus ad inferos behandeln würde. Wie lässt sich das erklären? Sicher haben die konkreten Umstände der Gegnerschaft ihren Einfluss gehabt. Doch viel stärker dürfte eine Eigenart Komenskýs dafür verantwortlich sein, die wir bisher bei fast allen Diskussionspunkten angetroffen haben. Wir meinen damit die inkarnatorischen Formulierungen, mit denen Comenius nicht müde wird zu betonen, dass der wirkliche ewige Gott in der Menschwerdung wirkliche menschliche Natur angenommen hat. Nur so lässt es sich u.E. verstehen, dass er auf fast jeder Seite davon spricht, wie Christus Mensch wurde, zwei sich gegenseitig mitteilende Naturen hatte und so menschliches Leiden und den wirklichen Tod für uns auf sich nahm. Und damit sind wir wieder sehr nahe an der Bedeutung, die die Aussage von der Höllenfahrt Christi theologisch hat. Vergewissern wir uns, dass in der Tradition Calvins der descensus nicht nur das Erleiden der menschlichen Todesqualen bedeutet (also den descensus in sepulcrum), sondern (metaphorice) Christi Erleiden des Strafgerichtes Gottes und dessen Zorns, und dass die Gerechtsprechung Gottes nur aus dieser radikal gedachten Selbstentäusserung erfolgen kann.

    So ist es wohl nicht allzu gewagt, aus den vielen Stellen Komenskýs, die Tod und Leiden Christi mit der Sündenvergebung verbinden, genau dieses radikal reformierte Verständnis zu folgern. Wir werden dabei unterstützt durch eine Karfreitagspredigt Komenskýs über Joh 19,28-37. Neben der formalen Bestätigung, dass Comenius sowohl den descensus ad inferos vertreten und ihn in reformierter Weise als tiefste Erniedrigung des status exinanitionis verstanden hatte, zeigt diese Predigt exemplarisch, wie er das Versöhnungshandeln dachte. So hat sich Christus in der Erniedrigung in vollkommener Weise dem Vater unterworfen. Er, der sündlos war, verleugnete sich selbst und litt den ganzen Tod. "So gab er Gott die Ehre wieder, die ihm zukommt, nämlich, dass Gott sei alles in allem", schliesst Comenius und verweist auf den Trost, dass die Macht des Todes ein für allemal gebannt ist.

    Zwei Dinge lassen sich nun aus der hier vorgelegten Predigt folgern: Einmal, dass die Stellen von Christi Leiden und Sterben tatsächlich soteriologisch verstanden werden müssen und Comenius trotz dem Fehlen des typischen Vokabulars die exinanitio so verstanden hat. Zweitens können wir unsere Feststellung aus den letzten drei Kapiteln insofern ergänzen, als dass wir hier einen Beleg dafür haben, dass trotz dem Fehlen von Stellen, die die Versöhnung in ihrer juristischen Konstruktion ausleuchten, Comenius dieses Verständnis ebenfalls tradiert hatte.

    Zum Schluss wollen wir noch einen Blick auf die Schilderung von Auferstehung, Auffahrt und Christi Sitzen zur Rechten des Vaters werfen. Der literarische Befund verhält sich dabei analog zur Rede von der Erniedrigung. Wiederum finden sich wenige Stellen, und diese konzentrieren sich neben der Auferstehung auf das Sitzen zur Rechten Gottes und diskutieren nicht die Verhältnisse der Naturen in und während der Auferstehung und der Himmelfahrt. Doch muss man dazu sagen, dass Komenský diese Konzentration wohl pars pro toto konzipiert und darum in die wenigen Formulierungen christologische und soteriologische Gedanken sublim miteinbezieht. Denn das Sitzen zur Rechten Gottes ist bei weitem nicht nur die dem Gottessohn angemessene Seinsform nach der Auferstehung, sondern der Sinn liegt in der gegenwärtig ausübenden Wirksamkeit Jesu nach dem Versöhnungswerk, so dass dieses dem Gläubigen zuteil wird. Wie Calvin und die reformierte Tradition, so sah auch Komenský den Gehalt der sessio im regnum ad dextram potentiae suae. Darum folgt in De Quaestione die Diskussion der Ämter nach der Darlegung der Herrschaftsübernahme im Himmel. Und wie Calvin daraus den wiedereröffneten Zugang zum regnum caelestis und die Funktion Christi als advocatus et intercessor für den Glauben folgert, so Comenius die reparatio salutis humanae und die excitatio promissa in novissimo die.

    Ausblick: Comenius und Balduin: Zwei Streiter wider die Ketzer


    Nur als Ausblick und ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit möchten wir hier noch einige Hinweise geben, worauf eine weitergehende Untersuchung der antisozinianischen Schriften im speziellen und der Christologie und Theologie von Comenius im allgemeinen ihr Augenmerk richten müsste. Dazu wählen wir aus der umfangreichen Sammlung von zwölf Disputationen, die Friderich Balduin 1619 in Wittenberg bei Paul Helwich unter dem Titel Collegium s.s. trinitatis seu disputationum theologicarum dodecas de arduo mysterio s.s. trinitatis [...] herausgegeben hatte, die achte Untersuchung über die göttliche Natur des Gottessohnes (begründet an Hand des neuen Testaments) aus. Es ist dabei wichtig zu wissen, dass Balduin diese Disputationen wie Comenius gegen sozinianische Kreise verfasst hatte. Wie Comenius argumentiert Balduin zuerst einmal mit biblischen Verweisen auf die Evangelien. Alsbald formuliert Balduin seine These: Jesus Christus mundi messias est verus cum patre aeterno aeternus deus. Diese begründet er in vier Punkten: Erstens ist Christus der lo/gov substantialis des ewigen Vaters; zweitens war er von Anfang an, also seit aller Ewigkeit; drittens ist er Gott selbst; viertens ist durch ihn alles geschaffen (facta et creata). Strittig im Umgang mit den Photinianern (sc. Antitrinitarier) ist die Bedeutung des logos substantialis. Denn dies ist nicht ein Attribut Gottes, sondern aliquid reale in Deo per se subsistens, und bezeichnet deutlich die Ewigkeit des Gottessohnes. Diese ist also keine übertragene Sprechweise, sondern bezeichnet die Sache selbst. Diese These wird sodann in vier Teilen (membra) genauer entfaltet. Wir können hier nicht die genaue Argumentationsfolge wiedergeben. Es sei nur erwähnt, dass sich der erste Teil mit Begriff und Bedeutung von lo/gov befasst, und diesen philologisch und biblisch genau darlegt. Schliesslich gelangt Balduin so zur Differenzierung zwischen dem präexistenten Logos und dem inkarnierten Christus. Es folgt sodann eine noch genauere Erörterung über das Verhältnis von Gott-Vater und Logos-Sohn, resp. über die Frage der Subsistenz der zweiten Person der Trinität. Diese Übereinstimmung mit der altkirchlichen Trinitätslehre wird sodann weiter ausgeführt mit Hilfe der Kirchenväter und Balduin schliesst mit einer kurzen Ausführung über die Trinität, indem er die drei Personen ausdifferenziert nach ihrem jeweiligen Verhältnis untereinander. Vergleichen wir dieses membrum primum mit den Comenius gefundenen Texten, so fällt einmal auf, dass der Bezug zur altkirchlichen Trinitätslehre bei beiden gegeben ist. Zwar ist Umfang und Konzeption von Balduins Disputation eine andere und sie war wohl von Anfang an weniger als Kontroversschrift denn als akademische Abhandlung geplant. Dafür spricht, dass sich Balduin beinahe formalistisch an seinen geplanten Ablauf der Erörterung hält und sich praktisch keine Ausblicke auf die Christologie im engeren Sinne und auf die soteriologische Dimension erlaubt.

    Im zweiten Teil vergleicht er den Logos (als Gottheit) als Prinzip im alten und neuen Testament und kommt zum Schluss, dass darunter a) das principium creationis, b) das principium temporis extra Deum, das so ab hominibus cogitari vel concipi potest, c) das principium aeternitatis, seu aeternitata ipsa. Im membrum tertium diskutiert Balduin die Frage, was die Gottheit im Verhältnis zu Christus sei, dessen proprium oder bloss eine Metapher, seine Natur oder ein Effekt, seine Essenz oder ein Akzidens. Dabei weist er den photinianischen Versuch zurück, die Gottheit als metaphorisches Attribut zu verstehen. Die weitere Antwort lautet, dass "Gottheit" für Christus proprium ist, aber auch seine Essenz und als solche der humana natura grundsätzlich entgegensteht, denn Christus ist seinem Wesen nach Deus et Homo, ja sogar expresse et absolute Deus. Der vierte Teil handelt von der Frage der prima vel secunda creatio für Christus und endet mit der Feststellung: Atqui christo competit atributum creationis soli Deo proprium. Dabei ist für unser Interesse in erster Linie wichtig, dass Balduin, wohl logisch weit luzider und genauer darlegend, im Ergebnis aber gleich orthodox wie Comenius die Gottheit Christi als sein eigentliches Wesen versteht und jede Form eines Diminuismus mit gutem Grund entschieden ablehnt.

    Anschliessend behandelt Balduin das Problem der zwei Naturen, wobei er schon zu Beginn mit Verweis auf Johannes festhält, dass damit die veritas humanitatis nicht aufgehoben wird, sondern Homo Deus in una persona [est]. Im weiteren führt er die traditionellen Aussagen an: Una persona sed duae in Christo naturae, Deus unigenitus et homo unctus in una persona, Filius aeternus in patre. Soweit, denken wir, ist es offensichtlich, dass sich die beiden Gelehrten des 17. Jhdts. -zwar unterschiedlich argumentierend- theologisch im weitesten Sinn entsprechen. Es finden sich bezüglich der ewigen Gottheit Christi und seiner angenommenen Beschränktheit gleiche Formulierungen: Wir haben gesehen, wie Comenius formulierte, dass Christus gleichzeitig vor und nach Abraham war. Die gleiche Argumentation benutzt Balduin im zweiten Kapitel der achten Disputation: Atqui Christus qui caepit secundum humanitatem est longe post Abrahmum, et tamen praedicatur esse alio respectu ante Abrahamum [...]. Es ist klar, dass der strenge Lutheraner Balduin und der reformiert-hussitische Comenius sich in einer Kontroversdiskussion um detaillierte Fragen der Christologie wohl kaum so geeinigt hätten und in der Tat kann man in Balduin den klaren lutherisch-orthodoxen Denker erkennen. Dennoch scheint es, dass die Vertreter der orthodoxen Glaubenswahrheit gemeinsam die antitrinitarische Häresie erkannten.

    Man müsste nun natürlich einen solchen Vergleich ausweiten und exakt die jeweiligen christologischen Aussagen einander gegenüber setzen. Das Bild würde dadurch differenzierter und genauer. Die Tendenz, dass sowohl die lutherische als auch die reformierte Tradition in der Ablehnung antitrinitarischer Gedanken gleichzog, dürfte allerdings hervorgegangen sein.

    Gleichermassen müsste man auch mit der Theologie Komenskýs selbst verfahren. Um die Skizze, die wir zu entwerfen versuchten, abzurunden und weiter zu überprüfen, wäre es unabdingbar, zusätzliche Schriften miteinzubeziehen und die Fragestellung zu erweitern. Eine Frage, die es u.E. zu untersuchen lohnen würde, wäre die nach dem Verständnis der Prädestination bei Comenius. Auch in den antisozinianischen Schriften sollten sich dazu Anhaltspunkte finden lassen. Weiter wäre ein grosser und kaum zu unterschätzender Fragenkomplex dem Chiliasmus und Millenarismus zu widmen, denn es könnte sich dabei zeigen, dass die chiliastischen Ideen des 17.Jhdts. möglicherweise weit mehr Gemeinsamkeiten mit den der genuinen Reformation verpflichteten theologischen Überlegungen haben, als in der traditionellen Literatur vermutet wurde. Wenn unsere Untersuchung einen tieferen Sinn hatte, so vielleicht den, dass es uns darum ging zu zeigen, dass in theologischer Hinsicht Jan Amos Comenius als Theologe des 17. Jhdts. zu gelten hat, dessen Wurzeln zumindest in Fragen der Christologie in der reformierten Tradition ihren Halt finden und der dennoch -gerade in Fragen der theologischen Praxis- einen offenen Blick hatte für die Probleme einer Denk- und Schulmethode, die zwar eine unbestreitbare Stärke besass, doch gerade deshalb Gefahr lief, sich der Wirklichkeit zu entfremden.





    Quando Paulus dicit Christum esse DEUM, hoc sufficit Christianis;

    Quando autem [constat] eum esse DEUM supra omnia,

    omnem blasphemiam perfidae assertionis tollit.


    Zusammenfassung


    Wir versuchen unsere Ergebnisse zusammenzufassen: Zu Beginn unserer Untersuchung gingen wir der Frage nach, inwiefern die von der philosophischen Tradition her gegebene Unterscheidung von Theorie und Praxis historische Urteile im allgemeinen und die Einordnung von Jan Amos Comenius als frühpietistischen, praktischen Denker im speziellen beeinflusst. Wir haben die Behauptung aufgestellt, dass diese Unterscheidung einen Praxisbegriff evoziert, der im allgemeinen dem Praxisverständnis des 17. Jahrhunderts nicht angemessen ist. Die Praxis der frühen Neuzeit war demgegenüber viel stärker von der Einheit von Lehre und Leben geprägt. Theorie als "richtige" Theorie sah sich im Gegensatz zur scholastischen Spekulation und versuchte daher den Kontakt zur Praxis, d.h. theologisch in erster Linie zum Leben des Gläubigen möglichst eng zu gestalten. Comenius hat dieses Verständnis von Praxis geteilt. Seine Praxis stand im Zeichen der reformatorischen Auffassung von Leben und Wirklichkeit, die geprägt sind vom Bewusstsein des gegenwärtigen Gottes und der das Leben aller Gläubigen prägenden Erfahrung des Heils in Jesus Christus. Dieses Bewusstsein durchwallt die Konzeptionen Komenskýs, ob pädagogische Reformschrift oder politisches Manifest, und daraus entwarf er beispielsweise seine Kritik am herrschenden universitären Bildungssystem. Wir würden also in Form eines prägnanten Satzes schliessen, dass Comenius die Methode und Theologie seiner Zeit an ihren eigenen Wurzeln misst und zwar als einer, der nicht ausserhalb der Zeiten steht, sondern vollständig integriert ist in die zeitgenössischen Denkstrukturen, seien diese millenaristisch-chiliastisch, enzyklopädisch oder die Frömmigkeit reformierend.

    Nach dieser Feststellung richteten wir unsere Aufmerksamkeit auf die christologischen Probleme im engeren Sinne. Wir haben die antisozinianischen Schriften aus den Jahren 1659 bis 1662 hinsichtlich ihres Verständnisses von Jesus Christus untersucht und sind dabei zum Schluss gekommen, dass Comenius auf weite Strecken ein traditionelles Bild der Christologie entwickelt, das sich mit den theologischen Lehrschriften der Zeit durchaus vergleichen lässt. Allerdings sind uns einige Besonderheiten aufgefallen.

    Dazu gehört einmal die relativ starke Betonung der zwei Naturen in Christus, die Comenius je nach Situation und Gegnerschaft gewichtet und begründet. Er entwirft dabei ein Bild, das unschwer sein Hauptanliegen erkennen lässt: Nur wenn Christus der Gottessohn und Messias wirklich in Jesus von Nazareth geboren wurde, gelitten hat, am Kreuz den Martertod gestorben ist, am dritten Tage auferstand und nun leiblich zur Rechten Gottes im Himmel ist, nur dann kann von einer wahren Gewissheit der Vergebung der Sünden für die Menschen und der Verheissung des ewigen Lebens gesprochen werden. Und nur wenn dieser Jesus von Nazareth wirklich Gott war, erhalten diese Verheissungen auch ihr Gewicht, sind sie Wirklichkeit und Realität. Wir glauben, dass die betonte Unterscheidung der Naturen und die Weigerung, von einer gänzlichen Einigung derer zu sprechen, ein eindeutiges Zeichen für die reformierte Herkunft der theologischen Tradition ist, in der Comenius steht.

    Damit verbunden ist die zweite Besonderheit, dass Comenius das Sühnegeschehen im Vergleich mit der Betonung der Inkarnation wenig ausdifferenziert und zusätzlich erläutert. Die wenigen Stellen, an denen die Frage der aktiven Gesetzeserfüllung Christi und die Lehre von den Ständen thematisiert wird, lassen jedoch vermuten, dass Komenský als treuer Schüler Herborns und Heidelbergs diese Loci vertreten und akzeptiert hat. Möglicherweise lässt sich darin der Einfluss von Komenskýs Lehrer Johannes Piscator sehen. Um ein abschliessendes Bild geben zu können, sollte man sowohl Fragestellung wie auch die quellenmässige Abstützung noch erweitern.

    Die dritte Auffälligkeit ist die Hervorhebung der Inkarnation Gottes. Diese kann man jedoch als die Folgerung aus der Betonung der zwei Naturen verstehen, um so mehr, als dass Comenius diese vielfach mit Aussagen über ihre soteriologische Wirkung verbindet. Diese vom heiligen Geist vermittelte Wirkung ist es, die Comenius an eine Praxis des Lebens glauben lässt. Eine Praxis, die das Leben Christi mit dem Leben der Gläubigen verbindet.

    Wir hoffen so den Nachweis erbracht zu haben, dass Johann Amos Comenius nicht nur Adept und Epigone der grossen Gestalten der christlichen Theologiegeschichte war, sondern im Gegenteil eine ihrer Stützen sowie Fundament und Anker für seine Nachfolger.


    Appendices

    Appendix A: Brief von Johann Amos Comenius an Johann Jakob Breitinger vom 5. Mai 1633


    Der nachstehende, u.W. bis jetzt nicht edierte Brief von Jan Amos Comenius an die Leitung der Zürcher Kirche aus dem Jahre 1633 findet sich im Staatsarchiv des Kantons Zürich. Er ist hier als Zusatz in einer Transskirption angeführt, weniger ob seinem Inhalt, als vielmehr deshalb, weil er zeigt, dass Comenius als Senior der Brüderkirche die orthodoxe Zürcher Kirche als verschwisterte Glaubensgemeinschaft betrachtet hat. Dies hier ist keine wissenschaftlich-kritische Edition, sondern nur der Versuch, den Brief in lesbarer Form der Arbeit mitzugeben.

    Reverendo Clarissimo doctissimo Viro Domino JOHANNI JACOBO BREITINGERO, Ecclesiae Tigurina Antisti dignissimo vigilantissimoque, Domino fautori nostro, et in CHRISTO Fratri plurimum observando.

    Gratiam et Pacem a DEO Patre et Domine Nostro JESU CHRISTO.

    Reverende Clarissime, Doctissimeque Vir, Domine et Frater in CHRISTO plurimum observande.

    Quod nos persecutio ex Bohemia, adjunctisque provinciis profligarit superioribus annis, ea in facultates nostros ac possessiones, plerorumque tantum quidem valuit, ut iis hodie careamus: at tatnum tamen non valuit in animos CHRISTO sincere addictos, ut coetus hodieque Sacer aliquis mom supersit, quamvis ille varie per Poloniam, Hungariamque et Silesiam con finia, dispersus, cui nos usquam praesumus, tanquam Seniores. Atque Eum caetum ut hactenus, qua sacra, qua profana seu biwtika\ spectantur, ita moderati sumsus, ut perseverarit etiam in Exilio esse legum Christianarum observans: tum vero vel eo solatio non parum usquam statuminavimus, quod Dominus JESUS, suam illam indolem, quam olim professus legitus in terris, cum ad triduum commoratam apud se in deserto plebeculam, videret ferme defecturam, nec iam im caelis deposuerit: ut iam ex iisdem de exulantibus nobis per tot nunc annos pronuntiare ilud videri debeat: Intime miseret me turbae, propterea quod iam, non triduum, sed decennium etiam aliqui, perseverat apud me: et non habent quod edant: et dimittere eos jyunos <iiunos> [?] nob[is], ne quando deficiant in via.

    In istum igitur Dominum nostrum in caelis intuentes, meliora brevi tempora sperare nos usquam posse affirmavimus: quippe quod Dominus ille noster, non Caput sit tantùm corporis sui, quod curet sollicite et faveat: sed quod et idem Rex sit Regum, ac Dominus Dominorum, ut corda Regum flectere queat [?] facile, quo velit, modos praeterea infinitos habeat perspectos auxiliandi iis etiam qui vel desertissimis videantur coram toto mundo.

    Ea ratione impetravimus apud pleroque, ut quibus reliquerat aliquod vita subsidium fugatio illa Antichristiana, illa caeteris, quibus omne illud ademtum erat, vel iam absumtum, in subsidium hactenus[,] venerint. Sed nunc postquam tot interim anni, quos in exilio plusquam decem periquem [?] agimus, praeterlapsi sunt, id evenit tandem, et calamitati nostrae accessit: ut et spes illa postliminii et reditus ia patriam sequuturi, quod prope omnium animis hucusque inhaesit, expirasse fere universa videatur; et ipsa quoque subsidia vitae illa apud numerum multorum maximam exhausta sint. Itaque ei nos, qui in eadem tamen navi haeremus, eandem que pauperiam sentimus, co[ns]tatim itum est pridem, ut egentibus tot Verbi Ministris, tot vivis bonis aliq tot viuis, tot orphanis, (quorum in caetu nostro est numerus vel illi conpar, qui plebeculae Christum in desertum comitatae assignatur) consulamus proseciamusque de necesseriis vitae suppetiis.

    Quamvis autem Apostolorum exemplo his agere nos posse pridem viderimus, ut pro Egestoso hoc caetus, Ecclesiarum exterarum opem sollicitaremus, matuimus tamen ante extremum in haut paucis inopiam spectare, quam istud admittere, ut videremur extris allibi esse temerè molesti. Sed tandem vel ipsi illi Patroni, quos in his provinciis invenimus, DEI beneficis, cum viderent, quae necessitatues nostrae forent, neque tamen iis mederi per se scirent, instigatores nobis esse volerunt, ut ne nobis caelibusque nostris ipsi decessemus, sed auderemus efflagitare alibi, quod hic non reperiamus.

    Quin sua etiam attestatione et commendatione quasi altero studerunt esse nobis praesto: ut ne possint exteri, seu indigentiam nostram indubium vocare, seu indignos nos forsan, qui iuvemur, opinari.

    Ea propter emisimus tandem ad Vestras Republicas et Ecclesias, ea nobis Viros duos istos, qui pro fide, qua seu bis dudum [?] probarint, rem eam curarent: quos peculiaribus etiam literis al[?] Respublicas et Ecclesias istlis [?] beorum [?] Evangelicas et Orthodoxas, instruximus.

    Censuimus autem et totam hanc causam, et duos istos tibi, Vir Clarissime atque pientissime, spersim commendandes, tum quod affectu es Te esse sciamus, qui in ipso CHRISTO olim se prododot, ad commiserescendum nempe pronetissimos tum quod auctoritate Tua effectum eum promittamus, apud caetum vestrum, qui caetui nostro miserabili, hoc verum statu, necessarius est maxime: nempe ut libeati quadam elecmosyna iuvemur.

    Pientissimus pectus tuum, Vir Clarissime, ita est nobis descriptum, vel ab eo ipse fratre nostro, quem ablegavimus ad Vos, JOANNE ABDONE, ut nullis ops esse censeamus argumentis, ad illud pro nostra causa studio inclinandam.

    Quocirca praeter misso eo, quod discipulos Christi olim permovebat, ut pro Co[?]nanda intercederent, cum dimitti aeam, nempe adiutam, peterent, quia vocaretur post illos, hoc unum addimus, ut nobis ad Vestros homines alias clamare nescientibus, Tu, cum Collegis Tuis Revernidis, quos singulos officiosissima quoque salute comperitamus, clamore qodam tuo prodesse digneris: quo eos excites, qui possunt auxilio esse miseris, ut idem quoque hilariter velint.

    Quo maior est numerus eorum, qui ope ista adiutari desiderant, eo gloriosius erit encomium illud, quod Christus in decretoris illo die rependet sigillatim hominibus in sua te quidem, Vir Excellentissime, tanquam ex stellis illis praecipuam unam, quas dextera sua tenere segitur, qui in medio candelabrorum cum ineffabilimus iestate [?] obambulare Johanni visus est, vel hac etiam de causa servabit ipse perpetuo, et ita confirmabit, ut coronam tuam nemo rapiat. Atque id ut faciat, iterum iterumque nos vovemus et cum caetu universo nostro semper devotissime precabimur.

    Dab. (=datum?) Lessnae Plon. 5.Maii Anno M DC XXXIII

    R.V.tis Tuae in Uno attestissimi,

    Georgius Erastus, Senior moraviae.

    Matthias Procoyius Boh:Seni:

    Johan-Amos Comenius, M.Sen.

    Paulus Fabricius Boh.Sen.

    Johannes Hermon. [?] Consen.

    Wenceflaus Locharius

    Johannes Laurentius

    Petrus Cephas.

    Appendix B: Literaturverzeichnis


    Das vorliegende Literaturverzeichnis verzeichnet diejenigen Titel, die ich im Verlauf der Arbeit an Jan Amos Comenius konsuliert habe. Die Zitation erfolgt gemäss dem Standardwerk von SIGFRIED SCHWERTNER, Theologisches Abkürzungsverzeichnis, Berlin: De Gruyter 1994. Dort finden sich die bibliographischen Angaben zu Zeitschriften und Jahrbüchern. Artikel von Lexika und Handbüchern, deren Benutzung selbstverständlich ist, werden nicht im einzelnen aufgeführt. Sie finden sich mit den vollständigen bibliographischen Angaben an der jeweiligen Stelle vermerkt. Folgende Abkürzungen wurden verwendet:

    StAZH: Staatsarchiv des Kantons Zürich

    StB: Stadtbibliohek Winterthur

    ZB: Zentralbibliothek Zürich

    UB BS: Universitätsbibliothek Basel

    ZB LU: Zentralbibliothek Luzern

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    Ältere Literatur


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